Lojze Wieser im Gespräch bei Radio Dispositiv


Radio Dispositiv vom 8. Juli 2016

Der Verleger Loize Wieser ist kärntner-slowenischer Weltbürger, sein Interesse gilt vor allem dem Leben der Menschen und dem Zusammenwirken ihrer unterschiedlichen Kulturen. Seiner Überzeugung nach manifestiert sich vieles in der Kulinarik, so stöbert er gern für die Fernsehreihe ‚Der Geschmack Europas‘ nach regionalen Spezialitäten in Küchen und Kellern. Auf Zwischenstopp in Wien fand er Zeit für ein Gespräch über seine Beobachtungen und Erfahrungen, so manche Befürchtung und einige Hoffnungsschimmer.

Slovenska knjižnica – okno, odprto na sosedovo stran

Projekt Slowenische Bibliothek/Slovenska knjižnica, je nemško govorecim bralcem ponudil prvi sveženj petih knjig. DELO, 02.12.2013

Buchpatenschaften: Mittel zum Erhalt der Sprachenvielfalt?

EU-Infothek, 08.05.2013:
Mit seiner Buchreihe „Europa Erlesen“ bringt der Wieser Verlag den Menschen die Welt in ihrer literarischen Vielstimmigkeit, Bildhaftigkeit und Unterschiedlichkeit, näher. „Besondere Literatur für besondere Menschen“, so ein Credo des kleinen, feinen Kärntner Verlages, der mit einem neuen Private- Private-Partnership – Modell auf sich aufmerksam macht.

Lojze Wieser über Jiří Gruša

Ö1 Anblicke und Einsichten, Literatur

Vom Schattendasein an die Öffentlichkeit

„Wenn es um Denkanstöße geht, dann denke ich, dass Kunst – ob malende, musizierende oder schreibende Kunst – imstande ist, vielleicht die Menschen auf neue Spuren zu bringen.“ Der Verleger Lojze Wieser.

Verlag für osteuropäische Literatur

Neue Spuren ziehen und kaum betretene Wege gehen, das liegt dem Kärntner mit slowenischen Wurzeln besonders am Herzen: Seit nunmehr 25 Jahren bietet Wieser in seinem kleinen Klagenfurter Verlagshaus jener Literatur eine Öffentlichkeit, die aufgrund ihrer Randlage im Osten Europas ein ungebührliches Schattendasein führt.

Der kärntner-slowenische Schriftsteller Florian Lipus etwa oder der serbische Architekt Bogdan Bogdanovic fanden im Wieser-Verlag bereits zu einer Zeit eine Heimat, als hierzulande noch kaum jemand ihre Namen zu buchstabieren wusste. Und auch der kürzlich verstorbene Dichter und Politiker Jirí Grusa zählte seit jeher zu den Säulen des Wieser-Verlagsprogramms.

Poesie gegen die Diktatur

Anfang Dezember feierten Freunde Grusas auf Einladung des tschechischen Außenministers Karl Schwarzenberg eine Messe für den Verstorbenen in der Prager Teynkirche. Jirí Grusa war ein enger Weggefährte des ebenfalls gerade verstorbenen Vaclav Havel; zeitlebens schrieb er gegen das kommunistische Zwangsregime an und besiegte die Diktatur schließlich gleichsam mit den Mitteln der Poesie.

Grusas Geist war bei besagter Messe in der Teynkiche bildlich gesprochen anwesend, denn Lojze Wieser erlebte, wie Kunst – in diesem Fall Musik – eine Geistes-Haltung, nämlich den unbändigen Drang nach Freiheit, in den Herzen der Zuhörer fortpflanzen kann.

Dornen der Geschichte

Jirí Grusa, der zeitlebens von den kommunistischen Machthabern schikaniert und wegen seiner antistalinistischen Haltung auch mit Schreibverbot belegt wurde, avancierte nach dem Sturz des Kommunismus‘ zum anerkannten Schriftsteller, später auch zum Politiker sowie zum Präsidenten des internationalen Schriftstellerverbands PEN-Club. Der Klang der Orgel zu Grusas Ehren in der Prager Kirche schlug eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Als „Dornen der Geschichte“ bezeichnet Lojze Wieser historische Krisenzeiten, in denen friedliche Kämpfer wie Jirí Grusa oder Vaclav Havel Stellung bezogen, denn revolutionäre Geisteshaltung kann über die Zeiten und Länder hinaus weitertransportiert werden, davon ist Lojze Wieser überzeugt.

Angeregt von den sakralen Klängen, dazu durchaus politisch – und nicht zuletzt auch lebensfroh – meint Lojze Wieser: „Die Menschen haben Zukunft!“

Text: Christa Eder · 23.12.2011

Presseaussendung des Wieser Verlags zum Tod von Václav Havel und Jiri Gruša

 

Die samtene Revolution verliert zwei ihre Vorkämpfer!
Binnen weniger Wochen sind zwei bedeutende Persönlichkeiten der samtenen Revolution

und der europäischen Demokratie gestorben:

Václav Havel und Jiri Gruša.

Im Vorwort zum Buch: Die Macht der Mächtigen oder Die Macht der Machtlosen? schreibt Jiri Gruša:

 

„Im Jahr 1969 der Untergrabung der Republik beschuldigt, mit dem Verbot der Ausübung seiner künstlerischen und schöpferischen Tätigkeit belegt, setzt Havel sein dramatisches und lite­rarisches Schaffen im Untergrund fort. 1975 schreibt er einen offenen Brief an Präsident Husák zum Zustand der Gesellschaft, er gründet die Edition Expedition, eine Editionsreihe für unabhängige Literatur, wurde Mitbegründer der Bürgerinitiative Charta 77 und ist in der Oppositionsbewegung gegen die Regierungspo­litik der kommunistischen Partei aktiv. Václav Havel wurde viermal inhaftiert. Verbringt fast fünf Jahre im Gefängnis. Als Symbolfigur der Samtenen Revolution ist er von 1989 bis 2003 Präsident zuerst der Tschechoslowakischen, dann der Tschechischen Republik.

Einst hatte ihn die Macht der Machtlosen in­teressiert, die Macht derjenigen, die die vitalen Zusammenhänge benennen und schützen. Es beruhigt mich zu sehen, dass er sich von der Macht der Mächtigen nicht verderben ließ und seine Worte die gute Botschaft ins Werk setzen halfen. Davon zeugt dieses Gespräch mit meinem Freund Václav Havel.
Als ich in der ersten Hälfte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts für die Ezyklopädie des europäischen Osten Verbündete und Mitstreiter suchte, habe ich 1994 auch Gelegenheit gehabt, Václav Havel, den damaligen Dichterpräsident auf dem Hradcin zu besuchen. In Erinnerung an ihn – und an unser Gespräch – möchte ich hier die kleine Geschichte unserer Begegnung erzählen:

Rechter Hand und linker Hand

 

 

„Vor Jahren hat mich Präsident Václav Havel gefragt, was ich unter dem europäischen Osten verstehe.

Wir trafen uns in Prag, in seiner Kanzlei auf dem Hradcin. Ich erzählte ihm von der Bosnischen Bibliothek, die von einer Reihe von Verlegern gegründet wurde, um den zur Flucht gezwungenen Menschen Literatur in ihrer eigenen Sprache zu geben um ihnen damit das Los des Vertriebenseins ein zu wenig lindern.

Bei dieser Gelegenheit sprachen wir auch über meine Idee, eine Enzyklopädie zu begründen, die interessierten Menschen grundlegendes Wissen über die andere Hälfte Europas zur Hand gibt. Damals nannten wir diese Initiative Edition Hotel Europa und ich fragte den Präsidenten, ob er nicht die Schirm­herrschaft übernehmen möchte. Er tat es — gemeinsam mit dem slowenischen Präsidenten und dem öster­reichischen Bundeskanzler.

Doch Havel entließ mich noch nicht aus seiner Kanzlei. Er wiederholte seine Frage: Was verstehen Sie nun also unter dem europäischen Osten?

Ich antwortete ihm folgendermaßen: Herr Präsident, wir stehen hier in Prag auf dem Hradcin und schauen südwärts über Klagenfurt nach Ljubljana. Alles, was rechter Hand von uns ist, ist der europäische Westen, alles, was linker Hand von uns ist, ist der europäische Osten.

Präsident Havel stutzte, lachte auf und sagte: Ja das ist gut. Das gefällt mir. Da bin ich dabei.

Und so trennten wir uns.“

Sie werden uns fehlen und doch werden wir mit ihnen leichter den Weg in die Zukunft finden. Vielleicht, oder gerade deswegen.
Ich danke ihnen und ich verneige mich.

Lojze Wieser

Klagenfurt/Celovec, am 19.Dezember 2011
Ihre Bücher werden uns begleiten:
Der samtene Revolutionär. Václav Havel im Gespräch mit Alexandra Föderl Schmid und Michael Kerbler; in gehört gelesen 07 (ISBN 978-3-85129-865-9)
Jiri Gruša /Václav Havel, Die Macht der Mächtigen oder die Macht der Machtlosen (ISBN 978-3-85129-601-X)
und im März 2012 erscheint:

Jiri Gruša, Beneš als Österreicher (ISBN 978-3-99029-008-8)

 

Bei Fragen: Wieser Verlag GmbH, office@wieser-verlag.com oder 00436641802964

Die Geschichte Rechter Hand und linker Hand von Lojze Wieser kann unter Hinweise auf das „Copyrigt ©by Lojze Wieser 2002, Klagenfurt/Celovec“ auch kostenfrei abgedruckt werden

 

 

Axel Karner

Rede zur Verleihung des Preises des Landes Kärnten anlässlich des Kärntner Lyrikpreises 2011 in Klagenfurt am 1.12.2011

Ich danke Josef Winkler, der mir den Preis zu gesprochen hat. Seine Wertschätzung meiner literarischen Arbeit hat für mich einen besonderen Stellenwert. Ich freue mich über den Veranstalter für seinen heilsamen Ansatz, dass er mit dem Preis, die Menschen – wie ich höre, viele junge – im Land Kärnten reizt, den Mund aufzumachen, und sei es noch so poetisch verklausuliert, an den eigenen, aber auch an den Umständen in Kärnten kritisch zu arbeiten.

Ich ärgere mich ob der besonderen Erwähnung und des Aufhebens, das um die für die Kultur dieses Landes verantwortlichen Institution und die daran hängenden Politiker gemacht wird, nur weil sie als Kulturabteilung eines Gemeinwesens Geld für einen Literaturpreis zur Verfügung stellen. Läge es doch im Selbstverständnis eines gemeinsinnigen Instituts wie der Kulturabteilung eines Landes, Kunst und Kultur zu fördern, was hieße, grundsätzlich und von ihrer Definition her, Geld für kulturelle Äußerungen bereitzuhalten und zur Verfügung zu stellen, und seien sie noch so kritisch.

Nach dem Zweck dieses Füllhorns befragt, bin ich skeptisch, vor allem dann, wenn die Kärntner Landeskulturverantwortlichen plötzlich auf den Geschmack kommen, die Literatur mediengeil und lautstark zu fördern. Sie haben seit Jahrzehnten die sinnvolle Literaturförderung durch eine mangelhafte Bereitstellung finanzieller Mittel verhindert und das Wohl und Wehe der Kultur des Landes einerseits, auf pathetische und in einer einfältigen ein Kärntner Volkstum verherrlichenden Art und Weise auf die Fahnen geheftet, ja geradezu auf ihre mit Landeskulturgeldern geförderten Fahnen festgeschrieben, andererseits zeitgeistig oberflächlich daherkommend mit einer Geld verplempernden Eventkultur Ruhe zu schaffen versucht.

Mit guten Gaben allein ändert sich an der Kulturpolitik des Landes nichts. Nach wie vor pflegt man ein Mäzenatentum mit dem Gehabe eines feudalen Patrons. Statt breiter Kulturförderung ist eine den Blick senkende und eine devote Haltung fordernde Beschenkung das Maß landesöffentlicher Literaturförderung in Kärnten. Ich frage mich, wem das alles wirklich nützt?

So will ich weder der Narr einer solchen Kulturpolitik sein oder werden, noch werde ich mich hinstellen und für idyllische Abbilder den lobenden Betrachter einer solchen spielen.

Es ist meine Freiheit und Verantwortung als Künstler mit den Mitteln meiner Kunst den Finger dort anzulegen, wo die Politik, zynisch und bei allem Getue um das gemeine Wohl doch nur menschenverachtend ist.

Daher wünsche ich all jenen Menschen in Kärnten Mut und Kraft, die eine Kultur des kritischen Hinterfragens und des Infragestellens alles Überkommenen und eine Kultur des Erinnerns fordern und pflegen und die einer Kultur weit entfernt von spießiger Kleingeisterei und nationalistischer Volkstümelei als Kultur der Begegnung mit dem Fremden und Respekt und der Wertschätzung gegenüber allem Andersartigen Gesichter, Münder und Ohren verleihen.

Ihre Stimmen müssen wir immer hören!

 

Kritische Stimmen…

24 November, 2011

Mein Freund Lojze Wieser hat auf mein Zitat aus “Die Zeit”, in der Robert Menasse als einer der wenigen Intellektuellen, die sich mit Europa beschäftigen, erwähnt wird, kritisch reagiert. Nun, tatsächlich ist Lojze Wieser ein unermüdlicher Kämpfer für Europa und für grenzüberschreitende Aktivitäten. Nicht wenige in seiner Kärntner Heimat nehmen ihm das übel. Ich will mich auch nicht zwischen Menasse und Wieser entscheiden, ich schätze beide sehr. Ersterer beschäftigt sich insbesondere mit den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Problemen bzw. den Konstruktionsfehlern der heutigen EU, und das ist für die jetzige Debatte besonders wichtig. Und Lojze  Wieser hat große Verdienste geleistet, indem er immer wieder durch die von ihm herausgegebenen Bücher auf die kulturelle Vielfalt unseres Europa verweist und insbesondre auch Südosteuropa einen gebührenden Stellenwert einräumt. Wir müssen froh sein, dass Europa nicht nur Politiker und Beamte beschäftigt, sondern auch einige hervorragende Kulturschaffende.

Orginaltext Lojze Wiese:

Lieber Hannes,

Du schreibst in Deinem neuesten Letter:

“Wie die deutsche Wochenzeitung “Die Zeit” kürzlich feststellte, gibt es wenig Intellektuelle, die sich mit Europa und seiner Krise auseinandersetzen. Dazu gehören Jürgen Habermas, Ulrich Beck und Robert Menasse.”

Bescheiden, aber doch mit aller Deutlichkeit, möchte ich darauf hinweisen, dass der Wieser Verlag seit seiner Gründung vor mittlerweile 24 Jahren gezielt, mit Bomben bedroht und immer an der finanziellen Kippe das getan hat, was andere nicht tun wollten, konnten, mochten. Ob wir zur intellektuellen Elite dazugehören oder nicht, sollen andere beantworten. Die Antworten, die wir in all den Jahren gegeben haben, sind meist verklungen, versandet oder an jenen Stellen, die sie hören und finanzieren sollten, nicht angekommen. Das ist einer der Gründe, dass die Debatte so armselig und so zukunfstverweigernd ist, wie sie derzeit abläuft. Schon alleine der Aufruf “proKärnten/zaKorosko” 2001 und 2006 war ein Signal, wie sich Europa die Zukunft der Sprachen und Kulturen, der Heimischen und der Dahergekommenen, der Zugereisten und der Ausgereisten ohne Territorium, auf gleicher Augenhöhe und mit Respekt vorzustellen hätte. Sind wir Rufer in der einsamen Wüste, nur weil wir aus einem Land kommen, in dem die Zukunft lange Jahrzehnte mit der Vergangenheit zugeschüttet wurde?

Ich denke, dass schon die Reihe EUROPAERLESEN den Europäern geholfen hätte, ihre vielfältigen Träume zu sehen, erkennen, sie zu leben usw. Und so mancher Abgeordnete in Brüssel hat mich mit Schimpf belegt, als ich ihm das große Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens zugeschickt habe. Traurig, aber wahr, und auch heute fürchte ich, dass die neue Sicht auf die Rolle der Kultur und dessen, was wir zu vermitteln trachten, wieder einmal in der Euphorie des Pessimismus untergehen wird, zumindest sind alle Zeichen danach.

Dein trauriger, wütender und noch immer um jeden Cent für eine neue demokratische Ordnung Rennender und sich immer wieder aus dem Dreck ziehender Lojze

Zu Erinnerung an Jiri Gruša

 

Wenn einer eine Reise tut… betitelt Theobald Tiger, alias Kurt Tucholsky 1926 in der Weltbühne sein Gedicht von einer Königin, die den Amerikanern viel zu erzählen hätte.

Auch Jiri Gruša ging, nicht ganz von alleine, fort. Er wusste schon zuhause was zu sagen und dem das Erzählen bald ward auch verboten. Hier ging einer fort, der gar nicht gehen wollte, kam an in einer fremden Stadt und war des einstigen Passes auch bald los. War ein Staatenloser nun, einer, der dann später, in den deutschen Landen wieder Heimat fand und einen Pass. Und der, der immerfort, dem Wort vertraute, kann nicht verloren gehn, auch wenn er gehen muss, findet in den Versen sein Ruhekissen, und in Romanen seinen Schweik. In ihm die Kraft, der Welt zu trotzen. Fragt nicht nach Nutzen wenn er seine Unterschrift auf ein Papier setzt, das Ewig wehren wird, weil die Tinte, mit der er´s tat mit seinen Kumpanen, charta hatte. Nicht fragt, ob der Mut belohnt wird und unterwegs so manche falsche Krone traf, die nach Bezahlung lechzte. Es zahlt sich aus, Mensch zu sein und einfach aufrecht. Uns hat er mit Kumpanen gezeigt, was es heißt, von Dauer zu sein. Ob auf Papier, oder nicht, das Wort im Herzen aufbewahrt, wird Papier bei Weitem überdauern.

So fand er sich in fremden Ländern und war doch immer bei sich zuhause, und wenn er daheim war bei sich, war er meist ein Fremder. Gerade drum hat er wohl immer dann, wenn er gebraucht wurde, da. Tat, was er tun musste und schöpfte aus dem Wort-Brunnen in seinem Herzen. Als Politiker und Diplomat, als Schriftsteller und Präsident. Denn, er wollte immer alles, alles sagen. Sein Witz und das Lächeln seiner Augen sagen uns jedoch noch heute, was in Worte nicht zu fassen ist. Er hat uns was zu erzählen. Achoi!

 

Lojze Wieser

20 Jahre Unabhängigkeit Sloweniens gefeiert

Großer Festakt in der Alten Universität mit unseren Nachbarn

In der Aula der Alten Universität in Graz wurde am 20.10.2011 mit einem Festakt das 20-Jahr-Jubiläum der Unabhängigkeit Sloweniens gefeiert. Zu dieser Veranstaltung kamen eine Vielzahl an hochrangigen Persönlichkeiten: der ehemlige slowenische Ministerpräsident Lojze Peterle, Landeshauptmann Franz Voves, Landeshauptmann außer Dienst Josef Krainer und Bischof Egon Kapellari. Mit dabei weiters Landesrat Christian Buchmann, der slowenische Botschafter Aleksander Geržina, der österreichische Botschafter in Slowenien Erwin Kubesch und der Honorarkonsul der Republik Slowenien Kurt Oktabetz. Durch den Abend führte als Moderator der Verleger Lojze Wieser. LH Voves bei seinen Grußworten: „Slowenien ist als unser südlicher Nachbar einer unser wichtigsten Partner in vielen Bereichen.“ Diese würden von gemeinsamen grenzüberschreitenden EU-Projekten bis hin zu unzähligen Wirtschaftsbeziehungen reichen. „Die Steirerinnen und Steirer hier haben als erste und am tiefsten die slowenischen Bestrebungen nach Unabhängigkeit verstanden und sofort mit allem was sie zu Verfügung hatten unterstützt“, so der slowenische Botschafter Aleksander Geržina in Richtung der steirischen Gastgeber.

 

Dienstag, 15.11.2011
Lesung Alexander Peer
Schwazer Stadtschreiber 2011
20.00 Uhr Haus der Völker

Alexander Peer liest aus seiner Novelle Land unter ihnen (Neuauflage Limbus Verlag 2011) und unveröffentlichte Texte.

Aus ca. 140 Einreichungen für das Schwazer Literaturstipendium wurde Alexander Peer als Schwazer Stadtschreiber 2011 ausgewählt.

Alexander Peer, 1971 in Salzburg geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Publizistik, ist ausgebildeter Medienpädagoge und lebt als freier Autor und Journalist in Wien. Er hat u.a. in Profil, Die Presse, Gewinn und in diversen Literaturzeitschriften und Anthologien sowie im ORF (Ö1) publiziert und ist Mitglied des PEN-Clubs und der Salzburger Autorengruppe.

Buchveröffentlichungen: Land unter ihnen (Novelle, Kyrene 2005 bzw. Limbus Verlag 2011), Herr, erbarme dich meiner! Einführung ins Leben und Werk von Leo Perutz (Ed. Art & Science 2007), Ostseeatem (6 Erzählungen von Alexander Peer und 5 Texte von Erwin Uhrmann, Wieser Verlag, überarbeitete Aufl. 2008).

In Schwaz arbeitet Alexander Peer an seinem aktuellen Romanprojekt Bis dass der Tod uns meidet.

Presseinfo: presseportal.de, APA OTS, presseportal.ch

 

 

Kärntner Wirtschaft vom 15. Oktober 2010

Lojze Wieser im Interview mit der Zeitschrift „Der Sonntag“; Ausgabe Nr. 10 vom 14. März 2010

Zeitgenossen im Gespräch spezial: LOJZE WIESER
Burgenland – KALENDER von Gast — Zeitgenossen im Gespräch spezial

Lojze Wieser, Wieser Verlag, von der Frankfurter Buchmesse:“Die Stimmung ist sehr schön, sie ist nicht hektisch, sondern eher vertiefend. Wir bekommen euphorischen Zuspruch von renommierten Kritikerinnen wie zum Beispiel Elke Heidenreich, die unseren Autor Günther Freitag ja auch in ihre Edition bei C. Bertelsmann übernommen hat. Das ist für uns natürlich ein Qualitätszeichen: Wenn sich Brendels Fantasie in den ersten vierzehn Tagen über 7.000 Mal verkauft und eine zweite Auflage geplant ist, dann kann ich meinem Autor nur gratulieren. Unsere Reihe Europa erlesen ist außerdem eine Kultreihe, die zeigt, dass Literatur und Kultur Fortsetzungen der Politik mit anderen Mitteln sein können. Und durch unsere Kooperation mit dem Ö1 haben wir die Möglichkeit, in Kürze ein Gespräch mit der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller auf CD und in gedruckter Form zu präsentieren. Wir können sehr stolz sein, dass wir unseren Lesern damit den Standpunkt einer Autorin nahebringen, die sehr kritisch auf die Entwicklung der Gesellschaft, aber auch der Sprache schaut. Summa summarum eine schöne Messe, eine erfolgreiche Messe, die nach ihrem Ende aber natürlich eine noch professionellere und intensivere Arbeit verlangt.“

 

„Das ist doch alles Kabarett“Haider-Kult. Verleger Lojze Wieser verurteilt die „Heiligsprechung“ des toten Kärntner Landeshauptmannes und ortet ein Klima von „Vernaderung und Verhaberung“.

von Barbara Petsch aus „Die Presse“ 12. August 2009

Die Presse: Eine Ausstellung über Jörg Haider, ein Museum für Jörg Haider, Seligsprechung Jörg Haiders: Auf Außenstehende wirkt dieser Kult seltsam. Was hat das zu bedeuten?

Lojze Wieser: Alles zusammen erinnert diese ganze Geschichte mehr an Kabarett als an wirkliches Leben. Soweit ich mich mit Religion auskenne, sind Selig- und Heiligsprechungen für Persönlichkeiten gedacht, die für die Menschheit etwas geleistet haben. Davon ist dieser Fall weit entfernt.

Es gibt auch Bestrebungen, Haiders Unfall neu zu untersuchen. Glauben Sie, dass sich da noch Überraschendes ergeben könnte?

Wieser: Josef Winkler hat gesagt, Haider hat sich mit seiner Asche davongemacht. Genau so ist es. Ein anderer Besoffener, der so schnell Auto fährt, wird im Nachhinein zu lebenslanger Haft verurteilt dafür, dass er andere gefährdet hat. Keiner weint ihm nach. Hier wird ein Popanz konstruiert, hier werden Theorien aufgestellt. Das sind alles nur Versuche, im Gespräch zu bleiben.

Die Ausländerfeindlichkeit wächst. Was ist Ihrer Meinung nach schuld daran? Liegt das wirklich nur an Haider, Strache und Co.?

Wieser: Wir ernten jetzt, was in 20 oder 30 Jahren versäumt wurde. Schon das Wort Gastarbeiter heißt ja: Diese Arbeitskräfte sind nur für kurze Zeit da, weil die Wirtschaft sie braucht und sie billiger sind als Inländer, weil sie keinen Anhang haben und so weiter. Die Gewerkschaft hat die Privilegien der heimischen Arbeiter verteidigt, die viel beschworene Solidarität aller Werktätigen existiert nicht. Jetzt gibt es viele Modernisierungsverlierer, Arbeitslose, die in soziale Situationen gestoßen werden, mit denen sie allein fertig werden müssen. Man überlässt sie den Leuten, die ihnen Geschichten erzählen: Schuld daran, dass es ihnen nicht gut geht, sind die Ausländer et cetera. Wir haben ja jetzt – tatsächlich oder dahergeredet – eine Finanzkrise. In dieser erhalten Banken Milliarden aus Steuergeld. Die Voestarbeiter, die nach der Kurzarbeit nicht mehr aufgenommen werden, bleiben über. Solchen Leuten dann zu sagen, ‚Deinen Job bekommt ein Ausländer‘, das schürt Hass auf den Kollegen aus dem fremden Land, auch wenn der vielleicht bloß hier ist, weil er daheim Steine zu essen kriegt statt Kartoffeln.

Was soll man denn konkret machen?

Wieser: Der Bürgermeister von Eisenkappel, Franz Josef Smrtnik, hat den Vorschlag gemacht, dass man ein Hlaus der Freundschaft baut, wo Menschen, die zur Flucht gezwungen wurden, aufgenommen werden und die Gemeinde betreut sie. Ich erinnere mich, in meiner Jugend ist alle vier bis sechs Wochen eine Bettlerin bei uns vorbeigekommen — am Sonntag, wenn es das beste Frühstück gab: Butter, Marmelade, einen geflochtenen Zopf. Die Bettlerin hat mit Wollust gegessen und wir haben uns ihr angeschlossen.

War Ihre Familie wohlhabend?

Wieser: Mein Vater war gelernter Maurer und zu 100 Prozent Kriegsinvalide. Er war bei der Wehrmacht. 1944, da war er 21 Jahre alt, bekam er in Finnland einen Granatsplitter in den Kopf, in der Folge war er jahrelang halbseitig gelähmt. Die Mutter kam vom Bauernhof und war großteils Hausfrau.

Wie hat sich das tragische Schicksal des Vaters auf die Familie ausgewirkt?

Wieser: Wir sind vier. Ich hab zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Die Situation war schwierig. Der Vater war sehr frustriert. Er war als ledig geborenes Kind aus der slowenischen Minderheit von vornherein verteufelt. In den Fünfzigerjahren hat ihm der Bauernführer im Ort auf der Straße gesagt: Du liegst uns Steuerzahlern auf der Tasche. Der Vater hat als Kriegsversehrter durch eigenes Training seinen Bewegungsapparat wieder aktiviert. Wenn er aber als Maurer arbeiten gegangen ist, hat er weniger bezahlt bekommen, weil, wie die Leute sagten, er war ja ein Krüppel. Das waren furchtbare Demütigungen.

Wie hat die Mutter diesen Mann ertragen?

Wieser: Meine Mutter ist jetzt 83 Jahre alt. Die zwei haben sich einfach gern gehabt und sie hat ein riesengroßes Herz. Ihr eigener Vater hat zu ihr gesagt: Willst wirklich diesen Krüppel heiraten? Später haben sie sich dann angefreundet und alle zusammen geholfen, um unser Haus zu errichten. Die Mutter hat Schaufel für Schaufel mit dem Großvater den Keller ausgehoben und mein Vater hat, festgebunden am Gerüst, Ziegel für Ziegel die Mauern gebaut.

Wie ist die Lage der Kärntner Slowenen jetzt? Gibt es da noch etwas anderes als den gelegentlich skurril anmutenden Ortstafelstreit?

Wieser: Die Innenpolitik ist durch ein Klima von Vernaderung und Verhaberung geprägt. Man tut gern so, als wäre der Ortstafelstreit eine nebensächliche Frage, aber er hat seit den Zwanzigerjahren permanent das politische Leben mitbestimmt. Also muss es eine tiefere Ursache geben. Um das Verhältnis von Kärntnern und Slowenen zu charakterisieren, muss man die Geschichte sehen: Vor 150 Jahren hat in Kärnten jeder Dritte slowenisch gesprochen, vor 100 Jahren war es noch jeder Vierte, heute ist es jeder 40.

Es gibt aber auch historische Karten, wo Kärnten ein Teil von Slowenien ist. Die Aggression war wohl auf beiden Seiten groß.

Wieser: Es gehört heute noch ein Teil Kärntens zu Slowenien, ein anderer zu Italien. Die ethnische Grenze wurde alle hundert Jahre um bis zu hundert Kilometer nach Süden verschoben. Der österreichische Nationalstaat hat alle Minderheiten mit mehr oder weniger Druck angehalten, sich zu assimilieren. Die Menschen wurden gezwungen ihr Rückgrat aufzugeben und in der Öffent­lichkeit deutsch zu sprechen. In den Dreißigerjahren wurden fast alle slowenischen Intellektuellen aus dem Land vertrieben. Es gab eine konzentrierte Aktion der Machthaber, mithilfe der Landesregierung, mithilfe der katholischen und der evangelischen Kirche, dieses Land deutsch zu machen.

Kann man sich mit dieser Geschichte als Kärntner Slowene heimisch fühlen?

Wieser: Meine Heimat ist die Sprache.

Auch nicht das heutige freie Slowenien?

Wieser: Ich war nie in Slowenien zu Hause.

Die Slowenen sind Musterschüler der EU.

Wieser: Ja, das sind sie. Sie waren immer schon tüchtig. Sie galten als die Japaner Europas, aufnahmefähig und kreativ. Aber nur ein Teil der dortigen Gesellschaft lebt gut. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Es gibt Probleme bei den Pensionisten, auch in der Ausbildung. Und es gibt radikale Tendenzen in der Gesellschaft. Vor einiger Zeit haben acht maskierte Männer ein Lokal gestürmt, in dem Homosexuelle und Lesben eine Lesung gemacht haben. Ein führender Fernsehjournalist und bekennender Homosexueller wurde krankenhausreif geschlagen.

Wie viele Bücher haben Sie? Haben sie schon einmal ein Buch weggeworfen?

Wieser: Noch nie. Ich habe so 10.000 oder 20.000 Bücher, viele in externen Depots. Ich weiß auch ziemlich genau, welche Bücher in welchen Schachteln liegen. Aufgrund dieser Kenntnis konnte ich meine Reihe „Europa erlesen“ gestalten.

Könnten Sie einen politischen Mord begehen?

Wieser: Nein, eher nicht.

Was würden Sie machen, wenn sich die politische Lage radikalisiert wie im Dritten Reich?

Wieser: Ich habe meinen Wehrdienst geleistet und bin bei der ersten Schießübung in Allentsteig als Partisan beschimpft worden. Käme es zu einer Situation wie im Zweiten Weltkrieg, bin ich der Erste, der im Wald ist.

Was geschieht mit Ihrem Verlag wenn Sie ihn nicht mehr betreuen können?

Wieser: Das sollen andere entscheiden.

Was geschieht mit uns nach dem Tod?

Wieser: Religion steht bei mir nicht an erster Stelle. Ich glaube, wir werden als Energie weiter existieren. Was von mir bleibt, wird das sein, was die Autoren geschrieben haben. Die geistige Energie pflanzt sich fort durch Rezeption, Diskussion. Andererseits: Man redet so viel Blödsinn in seinem Leben.

 

 

 

 

 

 

 

LOJZE WIESER Verlegt seit 1979 Bücher. Von 1981 bis 1986 war er Leiter des Drava Verlags und seit 1987 Eigentümer des Wieser Verlags. Er wurde ausgezeichnet mit dem ersten Österreichischen Staatspreis für Verleger. Diverse Veröffentlichungen, zuletzt: „Geschmacksverwandtschaften“

(Wieser Verlag).

Wen interessiert Literatur heute?

1.   Die Krise schlägt voll durch. Der Konzentrationsprozess geht in großen Schritten weiter. Die privaten und unabhängigen Buchhandlungen werden in den kommenden 2 bis 5 Jahren ein weiteres Mal halbiert werden. In den letzten zehn Jahren wurden sie es schon einmal.

2.   Die Großstrukturen (Hugendubel, Amazon usw.) werden den Trichter noch enger machen. Derzeit kann man davon ausgehen, dass drei bis fünf Einkäufer dieser Strukturen rund 300 literarische Titel aus 8000 auswählen und damit derzeit 60% des Buchhandels bestimmen. In einigen Jahren, nach der erfolgten weiteren Konzentration, werden sie vielleicht 80% des Marktes beherrschen und die Literatur noch weiter an den Rand drängen.

3.  Verlage wie Rowohlt und Fischer bieten in ihren Programmen zunehmend Lebenshilfen und Krimis an. Literatur wird in Briefmarkengröße als Beiwerk und zur Beschmückung geboten. In dieser Zeit kommt kleinen und kleineren Verlagen für das Überleben eine nicht zu unterschätzende Rolle zu. Sie sichern mit ihrer Kreativität und gleichzeitigen Risikobereitschaft die Weiterentwicklung der Kreativität, Intellektualität und Sprache.

4.   Für die unabhängigen Verlage wird es zunehmend zur Frage, wo sehen die Leser, die Leserinnen die Bücher, die sie lesen sollen, ob Philosophie oder Soziologie, ob Poesie oder Belletristik, ob anspruchsvoller neuer österreichischer oder deutschsprachiger Roman oder Übersetzungen aus dem Osten, Wissenschaft oder Forschung. Wo sind sie sichtbar zusammengestellt, in welcher Buchhandlung können sie gefunden werden. Es geht allen literarischen Verlagen so, ob Hanser oder Suhrkamp, ob Wagenbach oder Kunstmann, ob Czernin oder Wieser.

5.   Literarische Produkte aus dem europäischen Osten sind zusätzlich mit dem Omen der Unaussprechbarkeit der Namen behaftet.

6.   Es gibt noch einmal einen Unterschied, zwischen Autoren und Autorinnen mit osteuropäisch klingenden Namen und deutschsprachigem Hintergrund (Trojanov, Dinev usw.), die mittlerweile auch Deutsch schreiben, und solchen, die kein Deutsch können, geschweige Deutsch schreiben.

7.   Der persönliche Kontakt zu Kritikern ist von entscheidender Bedeutung. Kritiker sind, im Gegensatz zu Redakteuren, einsame Menschen, die kaum in direkten Kontakt mit der Leserschaft kommen.

8.   Die Lage der Bibliotheken und der unabhängigen Buchhandlungen ist prekär, doch sie tun, was sie in dieser Situation tun können, nur sind ihre Möglichkeiten eingeschränkt. Sie sind froh, wenn sie kein Buch aus dem Lager holen müssen, keinen Lieferschein ausschreiben und darüber Evidenz führen brauchen, und wenn die Kunden sich vor den Bildschirm setzen und sich von da alles holen. Sie haben keine Mittel, um das zu finanzieren und sie haben kein Personal, das diese Arbeit beherrscht und v. a. haben sie kein Budget, mit dem sie quer durchs Land Literatur anschaffen können. Waren vor 10, 15 Jahren Bibliotheken noch Träger einer Grundauflage, sind sie heute nur mehr marginal an der Sicherung der Auflage beteiligt. Dadurch sind sie auch nicht mehr in der Lage, für die Verlage relevante Stützen bei Umsatz und Finanzierung zu sein.

9.   Die Basisfinanzierung für literarische Projekte und Bücher, die „die Menschen lesen sollen, nicht die, die sie lesen wollen“ — um Klaus Wagenbach zu zitieren — muss von woanders kommen. Eine übergeordnete Institution, die sich dem Buch, der Übersetzung, der osteuropäischen Kultur verschrieben hat oder verschreiben will, könnte in diesem Vakuum dem Buch, der Autorin und dem Autor, dem Übersetzer und der Übersetzerin, dem privaten und unabhängigen Buchhandel und Verlagswesen unschätzbare Dienste erweisen.

10. Ein Buch muss heute ordentlich vorbereitet werden, sonst hat es keinen Sinn in diesen Zeiten, es zu verlegen. Sich Gedanken über Außerbuchhandelswege und -strukturen zu machen, sich Gedanken zu machen, wie ein wirksamer Vertrieb im und über das Internet zu gestalten ist, sich hier zusammen Synergetisches zu überlegen und sich um jedes einzelne Buch und jedes verkaufte Exemplar zu bemühen, sich konkrete Schritte zur Präsentation und die Gewinnung von Rezensenten zu machen, ist eine Herausforderung, die durch die Krise nur noch deutlicher geworden ist und worin auch die Reserven zum Überleben in den nächsten Jahren verborgen liegen.

11. Muntere Gewässer verschwinden bisweilen und beinahe spurlos im Boden, unter Fels und karstigem Gestein, um schließlich, ebenso unvermutet wie unbeschadet, meist andernorts klarer und frischer hervorzutreten und ihren Lauf fortzusetzen. Die Literatur ist in den vergangenen Jahrhunderten schon oft im Karst der Zeitläufe untergegangen, doch nie versiegt, ist unbemerkt im Stillen entstanden und weitergeronnen. Wie die Literatur anderer Völker ist sie ins Meer der Weltliteratur eingeflossen und von diesem aufgenommen worden. Große Flüsse münden im Meer, doch sie werden von kleinen Flüssen und Bächen gespeist. Sind die kleinen Wasser im Großen absorbiert und verschwunden? Sie sind darin aufgehoben. Und: Die Erzählung geht weiter!

12. Moden kommen, Moden gehen. Die Fragen bleiben und damit auch die Suche nach der Sprache, nach der Formulierung. Autoren und Autorinnen werden sie finden und Geschichten erzählen, die als Nahrung, als Heilmittel, als Liebesbezeugung und herzöffnend erzählt und Satz für Satz mit Betroffenheit, Neugier, fragend verschlungen und gelesen werden. Auch wenn sie — wie neulich von einer Kritikerin — in bessere oder weniger gute Schreib-Nationen (!) eingeteilt werden. (Sind wir schon wieder dort angelangt?) Nicht einmal die einseitige, kenntnislose, willen­lose (?) Brille solcher Größen wird es verhindern können, dass die Leser die guten Erzählungen (wieder) finden.

BUCHKULTUR Heft 125| August/September 2009 Sonderteil zum Jubiläum

 

Manes-Sperber-Würdigungspreis

Prof. Dr. Adam Zielinski wurde mit dem Manes-Sperber-Würdigungspreis für Leben und Werk geehrt. Trotz der großen Schar an Gratulanten im heillos überfüllten Barocksaal des Alten Rathauses in Wien erlebte der Autor eine intime, herzliche Festmatinee. Am 22. Juni feierte der gebürtige Pole seinen 80. Geburtstag. Im Vorfeld ließen ihn Freunde und Weggefährten wie Jiri Grusa, Präsident des internationalen P.E.N.-Clubs, der Verleger Lojze Wieser oder der ehemalige österreichische Vizekanzler Dr. Erhard Busek bei Wodka, Fingerfood und zahlreichen emotionalen Ansprachen hochleben.

 

Sortimenterbrief 8/09Fachinformationen zu Bucmarkt,-Verkauf und –Werbung in Österreich 1.August 2009

Bilder von der Festmatinee für Adam Zielinski anlässlich seines 80. Geburtstags.

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„Zeit meines Lebens schwanke ich zwischen der Hoffnungslosigkeit einerseits und dem Glauben an die Zukunft der Menschen anderseite. Stoff zum Erzählen genug.“

Adam Zielinski bei der Überreichung des goldenen Rathausmanns 2009.

 

Glorija, Nov. 2008Glas Istre, Jänner 2009

Mostviertel-Magazin, Fritz Haselsteiner

Wer auf Buchmessen Lojze Wieser kennenlernt, wird nicht nur einen Genussmenschen antreffen, der leidenschaftlich gern kocht und seine Gäste großzügig bewirtet, sondern vor allem
einen Verleger mit Herz und Seele und zugleich einen überzeugten Verfechter des Europagedankens. Seiner Ansicht nach ist es in erster Linie die Sprache, die ein näheres Zusammenrücken der europäischen Länder bewirken kann, und er sieht besonders in der ost- und südosteuropäischen Literatur eine große Bereicherung für den mitteleuropäischen Leser. Engagiertes Verlagsprogramm
Schon vor Jahren begann der Verlag mit der Veröffentlichung slowenischer Literatur in deutscher Übersetzung – so etwa die Werke von Florjan Lipuš, übersetzt von Peter Handke. 1997 startete Lojze Wieser mit der Serie Europa erlesen (erlesen im doppelten Wortsinn) einen „Gobelin der Kulturen“, der heute 84 Bände umfasst und von Amsterdam bis Zypern reicht. Einzelne Regionen, Landschaften und Städte werden im Spiegel der Literatur gezeigt, wobei nicht nur prominente, sondern auch unbekannte Autoren zu Wort kommen, weil nur die Qualität des Textes ausschlaggebend ist. Seit 2001 versucht die Edition Zwei – unterstützt von KulturKontakt Austria und Bank Austria – mit zweisprachigen Ausgaben der Literatur des europäischen Ostens in der Vielfalt seiner  Originalsprachen und in deutschen Übersetzungen Gehör zu verschaffen. Jede Sprache ist ständig vielerlei Einflüssen ausgesetzt und wird von Fremd- und Lehnwörtern durchdrungen, und
so ist es reizvoll, sich anhand eines Gedichts oder Prosatextes auf Spurensuche ins Slowenische, Bulgarische, Polnische usw. zu begeben. Kulturen einander näher zu bringen – dieses Ziel verfolgen weitere Buchreihen des Wieser Verlags wie Orient erlesen oder Flight Books (in der Landessprache sowie in deutscher und englischer Übersetzung) oder verschiedene Themenbände, z.B. „100 bedeutendste Frauen Osteuropas“. Insgesamt ein ambitioniertes Programm, das Aufmerksamkeit und auch wirtschaftlichen Erfolg verdient.

 

DER STANDARD. 15. Jänner 2009, Europa und das Gas – Erinnerung an eine „Solidargemeinschaft“ – Von Lojze Wieser Lojze Wieser: „Liefern wir den ärmeren EU-Ländern doch unsere eigenen Gas-Reserven!“
Ist das nicht eigenartig? Europa baut eine Solidargemeinschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, sich in guten und in schlechten Zeiten gegenseitig zu helfen und bessere Lebensbedingungen für die Menschen zu schaffen. Und nun tauchen auf einmal wieder im Zuge des Moskauer Erpressungsversuchs im Gasstreit zwischen manchen Ländern alte Ressentiments auf. Russland will seine Rolle als entscheidender Player im internationalen Konkurrenzkampf wieder erlangen. Die Ukraine versucht ihrerseits, ihre internen Machtkämpfe im Nebel der Hägemonialinteressen Russlands zu verschleiern. Und beide glauben offenkundig, wenn die ärmeren Länder in der EU – die Slowakei und Bulgarien und darüber hinaus Moldawien – an den wirtschaftlichen Bankrott herangeführt werden, werde die Union schon klein beigeben.
Wie ist das also nun mit der „Solidargemeinschaft“ ? Und müsste Europa nicht ganz anders reagieren? – So nämlich:
Nein, wir lassen uns als europäisches Kollektiv, als Solidargemeinschaft, nicht erpressen! Wir haben genügend Reserven angelegt und greifen den ärmeren Ländern in und an den Grenzen unserer Gemeinschaft (Slowakei, Bulgarien, Moldawien) sofort und unbürokratisch unter die Arme. Wir lassen nicht zu, dass Fabriken gesperrt werden, Menschen nichts zu heizen haben, Alte frieren und Kinder nicht zur Schule gehen können. Wir liefern aus unseren eigenen Reserven Gas und Öl!

Damit würde die EU mehreres erreichen. Sie würde
1. die Solidargemeinschaft stärken;
2. einzelne Mitglieder der Gemeinschaft nicht auf Gedeih und Verderb sich selbst überlassen;
3. verhindern, dass diese Länder zum Spielball von globalen Machtinteressen werden;
4. die ärmeren Länder nicht dazu zwingen, selber Alternativen zu suchen und möglicherweise Atomkraftwerke wieder hinauffahren zu müssen (wie Bohunice);
5. beweisen, dass sich die europäische Gemeinschaft durch äußere Machinationen nicht spalten lässt.
Nicht die Slowakei ist das „Böse“ . Wenn der Slowakei in dieser Situation niemand zu Hilfe kommt, dann ist die slowakische Regierung gezwungen, Wege zum eigenen Überleben zu suchen.
Europa wird jedenfalls sein Ziel, eine demokratische Gemeinschaft zu werden, nicht erreichen, wenn es sich in solchen Situationen nicht sofort und wirksam solidarisch zeigt.
Zu glauben, eine Beschwichtigungspolitik gegenüber globalen Playern könnte ein adäquater Ersatz für diese notwendige Anstrengung sein, ist ein gewaltiger Irrtum. – Und wieder einmal sind die Menschen die Leidtragenden in einem von rücksichtslosen Wirtschaftsinteressen geprägten globalen Konkurrenzkampf …
Dazu kommt, dass über Alternativen umweltverträglicher und schonender anderer Energiequellen wie Sonnenenergie und auch Kernfusion etc. bei gleichzeitiger konsequenter Schonung der Lebensräume zwar ansatzweise nachgedacht wurde, aber man sich nie entschließen konnte, diese Alternativen auch konsequent umzusetzen. Die dafür notwendige Forschung zu fördern, großflächige Konzepte zu erstellen und gemeinsam zu realisieren – auch dafür sollten sich die Länder der Europäischen Union einsetzen.
Lobbying für den Menschen und nicht für die Wirtschaft zu machen, das ist doch der eigentliche Auftrag einer europäischen Staatengemeinschaft – oder? (Lojze Wieser, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 16.1.2008)

Perlentaucher. Das Kulturmagazin

Es gibt nicht viele Verleger, die Bücher in zwei Sprachen herausgeben. Der Wieser Verlag in Klagenfurt veröffentlicht Bücher in deutscher und in slowenischer Sprache. Sein Inhaber ist Lojze Wieser. Er hat sich seit zweieinhalb Jahrzehnten in die europäischen Belange eingemischt. Aus dieser Zeitspanne stammen seine Essays und Reden, die Interviews und Aufrufe, die der Band als Zeugnisse engagierten Büchermachens, engagierter Zwei- und Mehrsprachigkeit, engagierten Bekenntnisses zu einer europäischen Multikultur vereint.

 

Michael Kerbler spricht mit dem Verleger und „Grenzgänger“ Lojze Wieser zum 20. Jahrestag der Gründung des Wieser-Verlages über die Bedeutung von Sprache im Europäischen Konnex.

In Kooperation mit der Tageszeitung „Kurier“ und ORF/OE1
Im Jahr 1980 existierte kein einziges slowenisches Buch in deutscher Sprache. Lojze Wieser hat sich damals vorgenommen diesen Zustand abzuschaffen. Er leitete Anfang bis Mitte der 80er Jahre den Drava-Verlag und gründete 1987 den Wieser-Verlag, dessen programmatisches Ziel es bis heute ist, kleine und unbekannte Literatur der österreichischen Nachbarn herauszugeben. Auch mit seiner „Enzyklopädie des Ostens“ und der mittlerweile sehr populären Reihe „Europa Erlesen“ will Lojze Wieser dazu beitragen Grenzen in den Köpfen zu beseitigen, das Prinzip der Mehrsprachigkeit aufwerten und den Eigenwert der nebeneinander existierenden Sprachen stärken. Die Erhaltung der regionalen Vielfalt beginnt für Wieser im eigenen Land: Sein Engagement für die Anerkennung der Symbole von Volksgruppen, wie etwa die mehrsprachigen Ortstafeln in Kärnten, wo Wieser lebt und arbeitet, ist eine logische Konsequenz.

Michael Kerbler trifft den „Grenzgänger“ Lojze Wieser, um mit ihm über die Bedeutung der Sprache als Kommunikationsmittel im Europa des 21.Jahrhunderts zu sprechen, welche Funktion Literatur im europäischen Einigungsprozess zukommt und welche Verantwortung in diesem Prozess die europäischen Verlage zu übernehmen haben.