Der Autor Ernst Brauner ist am 8. Juni 2019 in Wien verstorben

12.10.1928 – 8.6.2019

„Jeder Künstler steht vor vier Möglichkeiten! …
Die erste Möglichkeit: Sein Werk ist groß und groß ist sein Erfolg – das geschieht freilich selten. Die zweite, konträr entgegengesetzte: Sein Werk ist ein Schmarren und kaum einer nimmt Notiz davon. Das ist die häufigste Version. Dazwischen die dritte: Sein Werk ist ein Schmarren, aber trotzdem oder vielleicht sogar darum ein großer, auch ein großer finanzieller Erfolg. Oder die vierte Möglichkeit: Es ist ein Meisterwerk, ein ganz großer Wurf – aber es kommt gar nicht wirklich ins Licht der Öffentlichkeit und es geht unter, als wäre es nie geschaffen worden.“

Ernst Brauner in Parallelwelten, Werkausgabe Band 8

Lojze Wieser über Ernst Brauner

So wie ich Adam Zielinski (22.6.1926 – 26.6.2010) auf Vermittlung von Erhard Busek kennengelernt habe, habe ich Ernst Brauner auf Vermittlung von Adam Zielinski Anfang der Zweitausenderjahre erstmals getroffen, und zwar bei einem Abendessen im Hotel Sacher, zu dem Adam Zielinski –  im Schatten der Schlachtbilder vom polnischen Helden Sobieski – geladen hat. In Wien würde man sagen: Eine feine Gesellschaft, die sich zuerst abtastete und bald in angeregte Gespräche verfiel. Nach dem gelungenen Abend treffen wir vor dem Sacher Pater Paterno, der alle der Reihe nach segnete.

Das Ergebnis unserer Freundschaft lässt sich heute, Mitte 2019, sehen:

15 Einzelwerke, eine Werkausgabe 2016 in 12 Bänden und eine erweiterte Werkausgabe im Sommer 2019 mit 15 Bänden, plus einem Ergänzungsband zum Werk von Ernst Brauner, aus der Feder von Anton Thuswaldner, mit aufgefundenen Texten aus der Zeit von Anfang der Sechziger und ein weiterer Band mit Theaterstücken runden das Gesamtwerk des Autors ab. Ernst Brauner hat den mit seiner Frau Beatrix vor sechs Jahren beschlossenen Fünfjahresvertrag eingehalten, mit mir, dass er jährlich ein neues Buch schreibt, ebenso.

Der Wieser Verlag trauert um seinen Autor, Freund und Ratgeber, verneigt sich vor seiner Größe und seinem Werk und drückt seiner Frau Beatrix und seinem Sohn Ernst Dezsö aus zweiter Ehe, sowie den Kindern  aus erster Ehe, Georg, Michael, Ulrike und Richard, sein innigstes Beileid aus.

Lojze Wieser, Verleger
Klagenfurt/Celovec, am 8.Juni 2019

Anton Thuswaldner: Essay zum literarischen Werk von Ernst Brauner

Ernst Brauner müssen wir uns als einen Schriftsteller vergegenwärtigen, der am Literaturbetrieb vorbei gearbeitet hat und von diesem kaum beachtet wurde. Das ist seltsam, weil er einer der großen Individualisten ist, keiner Schule verpflichtet, keinen Moden unterworfen, von keinen Trends beeinflusst. Er arbeitet konsequent an seinen Büchern, die von einem inneren Drang gezeichnet sind. Das entspricht Kriterien einer unabhängigen Qualität, die gerade in der Literatur etwas zählen sollten.

Brauner wurde seine Eigenwilligkeit zum Verhängnis. Was ihn bewegte, forderte nicht unbedingt die literarischen Ambitionen seiner Zeitgenossen heraus. Er stand stets woanders als seine deutschsprachigen Kolleginnen und Kollegen. Das erschwert die Rezeption, weil Kritiker nicht wissen, wo sie ihn verorten sollten. An seinem Werk lassen sich nicht Trends festmachen und Tendenzen aufspüren, als Singulär zieht er das durch, was er machen muss, und nicht, was gerade gefragt ist. So ist er einer der großen Unbekannten geblieben, nicht weil er ästhetischen Ansprüchen nicht genügt hätte, sondern weil er auf Eigenwilligkeit drängte. Brauner fügte sich nirgends ein, machte mit niemandem mit, verließ sich auf seine eigenen Erfahrungen und Leseerfahrungen, und das waren andere als jene, von denen Literaten seit den 1960er Jahren geprägt waren.