Jörg Haider hätte dazu nicht „Gefällt mir“ gesagt. Aber auch der ORF Kärnten und die Zeitung „Österreich“ sorgten sich erst kürzlich online: Wer mobil etwas bei Facebook postet und sich in Klagenfurt aufhält, bekommt als Aufenthaltsort im sozialen Netzwerk automatisiert Celovec angezeigt. Der Grund: Die Geodaten kommen von Yahoo, und die haben vor Jahren tatsächlich mal den slowenischen als vermeintlich englischen Namen von Klagenfurt einprogrammiert. Arme Stadt am Wörthersee, die in diesen Tagen nicht nur die ganzen Wörtersee-Witze aushalten muss. Sondern auch verwirrte Smartphone -Benutzer, womöglich aus dem Literaturbetrieb.

Dabei haben die seit einem Vierteljahrhundert einen viel besseren Grund, Klagenfurt als Celovec zu kennen: Lojze Wieser, der slowenischsprachige Kärntner Verleger, setzt seit 1987 beharrlich auf die doppelsprachige Ortsangabe im Impressum seiner Bücher und hat es damit geschafft, eine schier übermächtige Feuilletonmarke namens Klagenfurt (genau: die mit Wettlesen und laufenden 3sat-Kameras) alternativ zu konnotieren.

Wiesers Quasi-Ein-Mann-Verlagshaus hat sich auf unbekannte Literatur aus Slowenien und anderen Ländern Ost- und Mitteleuropas in deutscher Übersetzung spezialisiert – und musste vor Kurzem Insolvenz anmelden. Er schlüpfte unter den Rettungsschirm einer geordneten Pleite, soll aber weitergeführt werden.

Das könnte man als bloß regionales Problem abtun, wenn da nicht diese Buchreihe wäre, die man für eine geradezu idealtypische Idee von epochen- und raumübergreifender Kulturkorrespondenz halten kann: „Europa erlesen“. Das ist wie das Wort Celovec. Eine lebendige Brücke über die Grenzen. Nicht nur unsere Sprachgrenzen, sondern auch über unsere gern auf Metropolen und kulturelle Großmächte abonnierte Aufmerksamkeit hinweg. Eine Euro-Zone mit editorischen und eine Europameisterschaft mit literarischen Mitteln: Da spielt Slawonien gegen Galizien, da misst sich Franken mit Friaul. Sympathische, vor allem aber auch unbekanntere Euregio-Räume wie das Banat oder der Balkan nehmen teil: Differenzierung statt Stereotypisierung. Deshalb gilt die höchste Bonität für das Verdienst, neben gängigen literarischen Metropolen wie Dublin, München oder Rom auch originelle Austragungsorte wie Oxbridge, Czernowitz oder Nis gefunden und bestückt zu haben. Die Idee der literarischen Reiseanthologien, die heute so viele Verlage und Buchreihen bedienen, in Klagenfurt/Celovec ist sie daheim. Und in der Welt zu Hause.

Von Marc Reichwein

http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article107916651/C-wie-Celovec.html