Mit einem Vorwort von Peter Handke

84 Seiten, gebunden, Vor- und Nachsatz,

Lesebändchen, Prägedruck

EUR 14,95 / sfr 21,00

Peter Handke über Zlatko Krasni:

Vor zehn Jahren bin ich mit Zlatko Krasni nach CME?EPEBO gefahren. Hundert Dichter aus aller Welt sollten kommen. Es war der Oktober 1998 und der Tag, da man die Bomben der NATO gegen Jugoslawien erwartete. Im Flugzeug nach Beograd schaute ich dauernd in den Himmel: Bomben, wo? – Sie kamen erst fünf Monate später, am 24. März 1999. Aber die Drohung genügte, und von den angekündigten 100 Dichtern kamen nur drei: einer aus dem Irak, eine aus Argentinien und ich. Und so wurde das einmal ein echtes Welt-Dichter Treffen … Zu meiner Erinnerung hat das Zlatko Krasni gesagt, und jetzt sagen es er und ich. In Smederovo habe ich damals den »Goldenen Schlüssel« bekommen, den heute Kito Lorenz bekommt (für den ich mich freue). Der Schlüssel hängt hier in Frankreich über meiner Haustür. Obwohl er nicht aus Gold ist, verkörpert er mir jeden Morgen Smederovo, die Donau, die Luft Serbiens und den Himmel über Serbien. Das Gleiche tat und tut Zlatko Krasni, der Dichter, Übersetzer, treue Freund. Nur war und ist Zlatko wirklich aus Gold, wie schon sein Name sagt, und wie aber nicht nur sein Name sagt! Mein Wunsch: dass der »Goldene Schlüssel« von CME?EPEBO auch ZLATKO-KRASNI-Schlüssel heißen möge. (3. November 2008)

Aus dem Buch:

Flocken fallen nachts vom Himmel – es sind Verse, / und nach dem Gestöber ist draußen alles weiß. /

Der Tag ist jung und sonnig, / die Unschuld glänzt, und das Gedicht ruft Dich zu sich, /

Du hast keine Wahl: Du musst aus dem Haus.

Zlatko Krasni wurde 1951 in Sarajevo geboren. Nach seiner Schulzeit, die er im französischen Montreux, im westdeutschen Hamm und im jugoslawischen Herceg Nove verbrachte, studierte er in Addis Abeba, Belgrad und Berlin Germanistik. 1977 promovierte er über die Lyrik Rilkes im serbokroatischen Sprachraum. Krasni war Redakteur verschiedener jugoslawischer bzw. serbischer sowie internationaler Literaturzeitschriften. Als Herausgeber veröffentlichte er Anthologien der zeitgenossischen deutschen Kurzgeschichte und Lyrik sowie der österreichischen Nachkriegslyrik. Als Übersetzer brachte er über sechzig Bücher deutschsprachiger Schriftsteller ins Serbische, darunter Werke von Goethe und C. G. Jung, von Siegfried Lenz, Jürgen Becker, Peter Handke, Reiner Kunze, Rolf Dieter Brinkmann, Peter Sloterdijk, Thomas Bernhard, Christoph Ransmayer und Patrick Süskind. Krasnis Gedichte wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und in verschiedene Anthologien aufgenommen. Er starb am 30. Oktober 2008 völlig unerwartet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Was ist der Tod?

ZLATKO KRASNI fragt in seinen melancholischen Gedichten nach dem Guten und dem immer Bösen.

Wer erfahren will, wie es wirklich war, greife zu Gedichten. Zum Beispiel zu

den Gedichten von Zlatko Krasni,1951 in Sarajevo geboren und im Oktober 2008 in Belgrad gestorben. Er hat zwölf Gedichtbände veröffentlicht, dazu kamen Essaysammlungen und eine rege Herausgebertätigkeit. Er war Germanist und Nachdichter. Über sechzig Bücher deutschsprachiger Schriftsteller hat er ins Serbische übertragen. Zuletzt den Lyrikband „Drugi jezik/Andere Sprache“ mit einer Gedichtauswahl von Kito Lorenc.

Die Texte seines eigenen Bandes, der einen Querschnitt seiner lyrischen Arbeit zeigt, hat Zlatko Krasni größtenteils selbst ins Deutsche übertragen. In seinen Gedichten, in denen stets Melancholie mitschwingt, greift er oft religiöse und mythologische Themen auf. So in den Gedichten aus dem Sonettenband „DieZlatko Krasni: Hirschkuh in der Seele“ und dem Band „Briefe an Horaz“ wo im Original Episteln in Hexametern verfasst sind. Diese Bände gehören für mich zu den wichtigsten des Dichters.

In seinen letzten Veröffentlichungen befasst er sich stark mit dem Krieg in Jugosla­wien und der Bombardierung durch Nato- Truppen. Auch in Gesprächen stellte er immer wieder Fragen nach Schuld und Unschuld, nach Feindbildern, den stets Guten und den immer Bösen und nach den Bestimmern solcher Kategorien. Man kann den serbischen Autor lesen hören, wenn man im Internet das Poesiefestival in Meddelin/Kolumbien an­klickt. Mit leiser, eindringlicher Stimme spricht er von Bombardements, die er, der im Land geblieben ist, miterlebte. Er hat in Addis Abeba, Belgrad und Berlin studiert. Berlin fühlte er sich besonders verbunden, dorthin führte ihn auch eine seiner letzten Lesereisen.

Im Berliner Aphaia Verlag erschien 2005 sein erster Lyrikband in deutscher Übertra­gung. In einem der Sonette fragt sich der Dichter: „… in was für ein Schema sind wir einge­zeichnet?/ In wem kommen wir erneut zur Welt?“ Dem Tod entgegenzutreten ist die wichtigste Botschaft dieses Dichters. Er hat ihn erkannt und benannt: „… was ist der Tod anderes, als gelassen und ruhig aufzuwachen?“ Sächsische Zeitung, Magazin Sonnabend/Sonntag 18./19.Juli 2009 ROZA DOMASCYNA