Essays zur KZ-Literatur
ca. 520 Seiten, gebunden, Lesebändchen
EUR 25,00

Einer der Schwerpunkte im 2. Band der Essays zur KZ-Literatur ist das Erlebnis der Befreiung sowie die für viele Überlebende langwierige und mühsame Rückkehr aus der Gefangenschaft. Häftlinge, die aus KZs befreit wurden, während der Krieg noch andauerte, mussten erst in Sicherheit gebracht werden und bedurften vorrangig medizinischer Betreuung. Zudem fehlten auch später oft die entsprechenden Transportmöglichkeiten. Für einen nicht geringen Teil stellte sich die Frage, ob sie an einen Ort zurückkehren wollten, an dem sie niemanden mehr aus ihrer Familie oder ihrem Bekanntenkreis antreffen würden. Nicht minder schwierig war aber für viele die Rückkehr ins sogenannte normale Leben. Das Erlebte zu verdrängen, gelang nur wenigen, und das auch zumeist nur für einen gewissen Zeitraum. Aber auch die Umwelt brachte nicht immer das nötige Verständnis auf.

Am nächsten Tag ging es mit dem Zug weiter bis Stockerau. Dort war Endstation und den restlichen Weg mussten die drei dann doch zu Fuß zurücklegen. Es war der 2. Juli 1945. In Floridsdorf blieb Franz Ivan zurück; die beiden Frauen erreichten schließlich den Liechtenwerderplatz, wo ein D-Wagen stand: Wir sind in einen Jubel ausgebrochen, die Lisl und ich, beim Anblick dieser Straßenbahn! – die Lisl hat ja seit dem Jahr 1934 keine Wiener Straßenbahn mehr gesehen, ich immerhin seit dem Jahr 1938 –, dass der Schaff ner vollkommen verdutzt gesagt hat: »Ja, habt’s denn noch nie eine Straßenbahn gseh’n?« Wir haben ihm dann unsere Lage erklärt. Er hat uns dann auch gratis fahren lassen, denn wir hatten ja kein Geld.

Helmut Rizy: Geboren 1943 in Linz (Oberösterreich). Kindheit in Leonfelden. Ab 1963 als Journalist tätig. 1965 bis 1968 Aufenthalt in Israel. Danach wieder Redakteur. Lebt derzeit als Schriftsteller und freier Journalist in Wien und Bad Leonfelden.