ca. 200 Seiten, gebunden, Lesebändchen
EUR 21,00

Zwei Brüder treffen einander jeweils einmal im Jahr zu Allerheiligen, um das Grab ihrer Eltern zu besuchen. Sie waren einander nie besonders zugetan und hätten einander möglicherweise längst aus den Augen verloren, wenn es nicht dieses Treffen gäbe. Beim jüngsten Treffen beginnen sie eine Diskussion, wessen Beruf – sie sind allerdings ohnehin schon längst in Pension – höher angesehen sei, der des Lehrers oder der des Uhrmachers. Diese Auseinandersetzung wirkt weiter, wobei Familien und Freunde miteinbezogen werden, die jeweils aus ihrer eigenen Perspektive erzählen: der Uhrmacher mit Frau, Sohn (der wiederum ein besonderes Verhältnis zu seinem Onkel hat) und Schwiegertochter; der Lehrer mit an Knochenschwund erkrankter Frau, deren befreundeter Ärztin und deren Partnerin, sowie sein langjähriger Freund und dessen Untermieterin. Sie alle haben ihre eigenen Probleme, in die sie verwoben sind, persönliche und die jüngeren auch noch ihre beruflichen. Für die beiden Brüder stellt sich auch die Frage, ob sie bzw. wie weit sie mit ihrem Leben zufrieden sein können – und für den Leser stellt sich die Frage, ob sie im Zuge der Diskussion über ihre Berufe auf ihre alten Tage zu einem brüderlichen Verhältnis oder auch Verständnis finden.

Früher, als sie noch jung waren, da hatte man doch noch alle Zeit der Welt, war gewissermaßen zeitlos, unabhängig ob man es gerade eilig hatte oder nicht – bis einem dämmert, dass man selbst wie anderes auch sein Ablaufdatum hat.

Das Verhältnis zwischen den beiden war immer ein wenig eigenartig. Bestimmt ist es keins, wo Brüder mitsammen durch dick und dünn gehen. Doch ist es, selbst wenn Alfred gelegentlich ein wenig abfällige Bemerkungen über seinen Bruder herausrutschen, kein wirklich schlechtes Verhältnis. Genaugenommen haben die beiden nichts gemeinsam, abgesehen von ihren Eltern.

Nicht auszudenken, lägen Vater und Mutter an verschiedenen Orten begraben; so aber haben die beiden wenigstens ein Grab, an dem sie einander einmal im Jahr treffen können. Da das, wie ihr scheint, mehr oder weniger alles ist, streitet man doch bei solcher Gelegenheit nicht über Blumen. Vielleicht noch über die Chrysanthemen am Grab, die einem von ihnen nicht gefallen, weil er lieber Astern hätte, aber doch nicht über Herbstzeitlose.

Helmut Rizy, geb. 1943 in Linz (Oberösterreich). Kindheit in Leonfelden. Ab 1963 als Journalist tätig. 1965 bis 1968 Aufenthalt in Israel. Danach wieder Redakteur. Lebt derzeit als Schriftsteller und freier Journalist in Wien und Bad Leonfelden.