klagenfurter vorstadtpoesie
ca. 120 Seiten, gebunden, Lesebändchen
EUR 21,00

Erinnerung an eine verlorene Landschaft

Eines Tages fand mein Sohn unter alten Büchern ein längst verloren geglaubtes Tagebuch aus der Zeit um 1960, in das ich damals an die hundert meiner frühen Gedichte geschrieben hatte.

Gleichzeitig mit diesem privaten archäologischen Poesie-Fund fand ich in einer alten Mappe einige jener Landschafts- und Familienfotos, die ich damals gemacht hatte, mit einer alten Platten- und Blasebalg-Kamera, die ein kleines Loch hatte, sodaß oft Lichtschleier durch die Bilder zogen.

Etwas fiel mir sofort auf bei diesen alten Fotos. Es waren – gerade durch diese technischen Fehler – verfremdete, gebrochene Liebeserklärungen an meine Landschaft und meine Familie geworden, dasselbe, was man auch von meinen Gedichten hätte sagen können. Auf seltsame Weise korrespondierten diese Fotos mit den Gedichten.

Es waren poetische Vorahnungen von der Vergänglichkeit einer Landschaft, und einer Lebensart, in Worten und in Bildern. Heute gibt es diese Landschaft nicht mehr. Heute befindet sich dort, in der Nähe von Schloß Mageregg, am Rande der Stadt Klagenfurt, wo unser kleiner Bauernhof gestanden hatte, das Autobahnkreuz Klagenfurt-Nord.

Horst Dieter Sihler: Geboren 1938 in Klagenfurt. Maschinenbau-Ingenieur, Theater-, Kunst- und Filmkritiker, Programmkinoleiter, Lehrbeauftragter, Autor und Poet. Einer der zentralen Protagonisten der Erneuerung der österreichischen Filmszene und der Filmrezeption der 70er und 80er Jahre. Anerkannter Filmkritiker auf europäischen Filmfestivals, auch in Osteuropa, schrieb für die FAZ, Weltwoche, Basler Zeitung, Tagesspiegel Berlin, Kölner Stadtanzeiger, Kleine Zeitung, Standard, ORF usw. 1977 Gründung: 1. Österreichische Filmtage (heute Diagonale Graz), 1979 Verein Alternativkino (heute Neues Volkskino Klagenfurt). Im Auftrag des Bundes 1982 1. Österreichische Kinotagung und Filmzeitschrift Filmschrift. Bücher: Am Anfang war die Poesie (Wieser 2009), Mein Kino des 20. Jahrhunderts (Wieser 2016), Elke Aichinger: Ich weiß noch nicht wie man verliert (Hg. Drava 2019). Preise: Kärntner Lyrikpreis, Medienpreis des Landes, Anerkennungspreis der Stadt Klagenfurt, Großes Ehrenzeichen des Landes Kärnten.