Balkansaga
239 Seiten, gebunden, Lesebändchen
EUR 19,80 / sfr 33,80
ISBN 978-3-85129-869-7

Immer wenn sie gebraucht wurde, war sie für die Familie da, aber sonst bewegte sie sich still am Rande und wurde nicht gebührend geachtet. Erst nach dem Tod der Mutter begann Starova, ihrem Leben nachzuspüren. Es entstand ein Roman in dem Gegenstände im Elternhaus und Bücher der väterlichen Bibliothek Aufschluss über einzelne Strähnen der bewegten familiären Vergangenheit geben. Wir lernen eine junge Albanerin kennen, die in den letzten Jahren des Osmanischen Reichs geboren, im Ersten Weltkrieg als Halbwaise in Thessaloniki zur Schule geht und anschließend in eine türkischstämmige Familie am Ufer des schönen Ohridsees verheiratet wird. Sie lernt, die sprachlichen, ethnischen und religiösen Widersprüche ihrer Umgebung auszuhalten. Wir erfahren, wie diese sanftmütige Frau in den Wirren des Zweiten Weltkriegs ihre Kinder durch Geistesgegenwart vor dem Unheil rettet. Bald muss die Familie aus der faschistisch besetzten Heimat ins damals zu Jugoslawien gehörende Makedonien fliehen. Der Autor ist zu dieser Zeit gerade zwei Jahre alt. Packend erzählt Starova von den Entbehrungen der Nachkriegsjahre und vom Leben im Stalinismus. Dieser autobiographische Roman ist eine bittersüße Hommage eines Sohns an seine Mutter.

Für Mutter gab es in ihrem Leben inmitten Vaters Bücherschar nur ein Buch, das sie wirklich ihr eigenes nennen konnte. Es war aber ein höchst bedeutendes. Ja, mit diesem einzigen eigenen Buch hat sie jahrelang das Gleichgewicht mit allen anderen Büchern Vaters aufrechterhalten, die aus verschiedenen Zeiten stammten und in unterschiedlichen Schriften geschrieben waren.
Mutters Buch war ein ganz gewöhnlicher Katalog des großen italienischen Warenhauses La Rinascente, größtenteils der Frühlingsmode des Jahres 1949 gewidmet (…).
Dieses ungewöhnliche, bunte Buch hatte sozusagen auch die ungewöhnlichste Geschichte von allen in Vaters Bibliothek. Es zeugte in besonderer Weise vom Exil der Familie und vom glücklichsten Abschnitt im Leben meiner Mutter. Das Buch war, wie ein hinreißendes Album, mit Bildern von Mutters Illusionen gefüllt, mit denen sie das Leben auf dem Balkan verbrachte.

Zum Autor
Luan Starova, Erzähler, Romancier, Dichter, Essayist, Literaturkritiker, Wissenschaftler. Schreibt in Albanisch, Makedonisch und Französisch. Geboren in Pogradec in Albanien. Studium an der Fakultät für Philologie in Skopje. Universitätsprofessor und Diplomat (Botschafter der Republik Makedonien in Frankreich, Portugal, Spanien und bei der UNESCO).

Zum Übersetzer
Will Firth, geb. 1965 in Newcastle, Australien; Schule und Studium (Deutsch, Slawistik) in Canberra; Weiterbildung in Zagreb und Moskau. Seit 1991 als freier Übersetzer in Berlin tätig.

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