Roman
141 Seiten, gebunden, Lesebändchen
EUR 18,80 / sfr 32,80
ISBN 978-3-85129-864-2

Nach dem Rekordsommer der erste Regentag. Der ausgebrannte Bademeister endlich allein in seinem Seebad. Da taucht ein geheimnisvoller Badegast auf und bringt die festgefügte Badeordnung ins Wanken. Der Besucher verwickelt den Bademeister in seine Lebensgeschichte, und der findet nicht mehr heraus aus der Geschichte des anderen – oder findet er gerade dadurch zu seiner eigenen Geschichte? Der Fremde mit dem seltsamen Namen erzählt von einer Mutter, die selig im Unglück ist, von einem Vater, der in Seezungen spricht, von Eltern, die ein Vokal entzweit, von einem Badewart, der ein Seeräuber wird, von Voodookindern, die einen VW-Käfer in eine Lustkröte verwandeln, von einer schönen Irin, die Klangkurven in die Luft zeichnet, von Nacktschnecken, die ihr Haus finden, von einem Kranich, der auf dem Sprungturm lacht, von der Nabelwanne, die das Gewicht der Welt beherbergt. Und immer wieder vom Wasser, das trägt. Vom Wasser, das trügt. Und vielleicht auch von einem ganz normalen Bademeister. Und seinem Geheimnis. Der letzte Badegast erzählt von der Macht der Geschichten, die das Leben befestigen und gleichzeitig verflüssigen und bisweilen unterspülen. Er erzählt vom ersten Kuss und vom letzten Blick, von geteilter Lust, verfehlter Liebe und verborgener Scham, vom Blick in die Augen der Geliebten und vom Blick in das Schmutzwasser des Putzkübels, von der Sehnsucht nach dem Anderen und der Angst davor. Und immer wieder vom Wasser.

– Das Wasser trägt.
– Das Wasser trügt. Alles Üble kommt aus dem Feuchten.
– Alles Leben kommt aus dem Feuchten.
– Deshalb hat es keinen Bestand.
– Ach, Quatsch.


Sie war rot. Ich liebe Rot, doch es waren nicht ihre Haare, es war auch
nicht ihr Aussehen, es war ihr Geschau:
Wir gehen zur Blutbuche, ich stelle mich vor, reiche ihr die Hand und
blicke sie an. Ihre Augen sind sonderbar: Sie blicken mich an – sie blicken
mich nicht an.
Maureen schielte!
Mich überläuft’s, noch heute, wenn ich daran denke. Ich verliebte
mich augenblicklich und heftig.
Einen Sommer lang lebte ich in ihrem Blickfeld. Ihre Blicke fielen auf
mich wie die Scheinwerfer eines Leuchtturms, aber ich konnte nie sagen:
Erfassten sie mich, streiften sie mich bloß, zogen sie an mir vorbei? Aber
gerade das zog mich unwiderstehlich an.
Einen ganzen Sommer lang lag Maureen unter der Blutbuche. Und
ich lag zwischen ihren Blicken.

Hugo Ramnek, geb. 1960 in Klagenfurt, aufgewachsen in Bleiburg/Pliberk (Unterkärnten), studierte Germanistik und Anglistik in Wien und Dublin und absolvierte die Schauspiel Schule Zürich. Er lebt seit vielen Jahren als Schriftsteller, Gymnasiallehrer, Schauspieler und Theaterpädagoge in Zürich. Er unterrichtet Deutsch am zweisprachigen Liceo Artistico in Zürich und ist Dozent für Theaterpädagogik an der Universität Modena und beim Masterstudium ideum in Judenburg. 2008 erhielt seine satirische Fabel Das Letzte von Leopold den Preis des Kärntner Schriftstellerverbandes. 2009 gewann er in Salzburg den erostepost-Literaturpreis für die beste erotische Erzählung.

Für Der letzte Badegast wurde er mit der Anerkennungsgabe der Stadt Zürich 2010 ausgezeichnet. Im Juli 2012 tritt er mit einer neuen Erzählung beim Wettlesen um den Bachmannpreis an.

 

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Tagblatt vom 18. Oktober 2010

5. November 2010: 25 Jahre Zürcher James Joyce Stiftung

Fotogalerie Lesungen

Kärntner Wirtschaft vom 15. Oktober 2010

 

Für einen Ausschnitt aus Der letzte Badegast hat Hugo Ramnek in Salzburg den erostepost-Literaturpreis 2009 für die beste erotische Geschichte bekommen.

 

 

Jurybegründung zu Hugo Ramneks Beitrag
Die Blutbuche
Man hat Vater und Mutter verloren, ist erwachsen geworden, weiß mit Abschieden umzugehen. Was aber war vor dieser Zeit? Was wächst einem da aus der Vergangenheit zu, wird plastisch, schmeckt, riecht nach etwas, was man verloren glaubte, greift nach einem, klingt zudem noch nach alten Popsongs, deren Zeilen man schon vergessen hat? Welche Empfindung mündet direkt in das Gegenwärtige? Und welcher Augenblick bleibt schließlich und reißt den Verband von der Seele, damit man auf die süße Wunde starren kann?

Die Blutbuche steht noch auf der Liegewiese im Freibad, sonst hat sich vieles verändert, die Blätter auf der Unterseite sind aber noch immer grün, nicht rot. Darunter, davor, weiter weg und ganz nah spielt die Geschichte. Im Mittelpunkt Maureen, ein rothaariges sommersprossiges schielendes lispelndes irisches Mädchen, ein Feriengast, und groß ist die Liebe und heiß das Verlangen nach ihr. Der Ich-Erzähler ist irgendwie dazwischen geraten, hineingeraten, außer sich, und von dieser Position aus betrachtet er sich selbst wie in einem Vexierspiegel, neu und verwundert, um die unerhörte Begebenheit der ersten Liebe am eigenen Leib zu erfahren. Die nimmt ihn ziemlich mit, verschlägt ihm die Sprache, zerschlägt den Pragmatismus der Erwachsenen. Wer Glück hat, hat so eine Liebe erlebt, mitsamt ihren unscharfen Rändern, den verschwimmenden Schichten, in denen sich Eros tummelt, eine Schwanenfeder schwingt und sich eins lacht, ob der ungestümen Sehnsucht, die sich nicht stillen lässt, nicht erfüllt werden will. Dass schließlich ein Anderer Maureen wie beiläufig “erobert“, passt ins Konzept vom Erwachsenwerden, spitzt den Schmerz zu, bringt die Erinnerung auf den Punkt und auf Maureens unwiderstehliches “Geschau“. Kein Schlaf ist zu finden in diesen unruhigen Zeiten, dafür gibt es Sterne, Songs und Lagerfeuer, Haut, Haar und Nippel. Es gibt diesen besonderen Blick auf Details, die anrühren, weil sie komisch, lächerlich und zugleich erhaben sind wie Maureens melodiöser Donegal-Akzent, “der herrliche Klangkurven in die Luft schrieb.“

Und auch dafür, dass eine federleichte Metaphorik den Text von jeglicher Schwerkraft befreit – nicht stringent, in lockeren Rückblenden, rhythmisch, lyrisch, lautmalerisch – und mit lakonischer Poesie uns dorthin zurückführt, wo auch für uns alles begonnen hat, mehr noch, wir sind mitten drin, ob es uns passt oder nicht, dafür gebührt dem Autor der Preis.

Margarita Fuchs

(Abgedruckt in erostepost, Nr.39, Sondernummer zum Literaturpreis 2009)

 

 

Wasser trügt

 

Hugo Ramnek: Der letzte Badegast. Wieser, Klagenfurt 2010. 141 S, Fr. 31.90.

 

Der Jahrhundertsommer ist vorbei. Es regnet. Nur noch wenige Tage hat das Seebad geöffnet. Der Bademeister muss jetzt vor allem putzen. Er ist erkältet und verdrossen. Da steht plötzlich jemand neben ihm, in der Hand einen Kübel mit einem lebendigen Fisch. Der Unbekannte beginnt zu erzählen. Er kennt die Situation hier. War schliesslich selber lange genug Bademeister. Hatte sogar eine Schwimmschule. Mit sanfter Hartnäckigkeit verwickelt er seinen Zuhörer in eine Lebensgeschichte, in der es von grotesken Begebenheiten wimmelt. Der Bademeister hört zu, Erinnerungen steigen in ihm auf, die beiden Lebensläufe beginnen sich ineinander zu spiegeln. Während der kurzen Zeit, die das Bad noch geöffnet ist, kommt der Fremde fast jeden Tag wieder. Auch wir hören ihm so fasziniert wie verwirrt zu. Die Erzählungen geraten ins Schwimmen. Wer hat was gesagt? Wer ist überhaupt wer? Wasser trägt. Wasser trügt. Und es geht um mehr als Geplänkel: Der Erzähler wie sein Gast haben Geschichten von Liebe und Tod erlebt, die sie nicht vergessen können. – Hugo Ramnek, 1960 in Klagenfurt geboren, lebt seit vielen Jahren als Schriftsteller, Gymnasiallehrer, Schauspieler und Theaterpädagoge in Zürich. In seinem ersten Roman verbindet er die Kunst des Fabulierens mit formaler Disziplin, Leichtigkeit mit Tiefgang, Musikalität mit Witz. Seine Phantasie ist ausufernd, aber exakt. Ein Wurf! (pap.)

Manfred Papst, NZZ am Sonntag, 18. Juli, S. 61

 

 

 

 

 

 

 

 

 

WortOrt | Bademeister-Geschichten | Schweizer Radio DRS – DRS 1

Ein Bademeister, der Angst vor dem Wasser hat, das gibt es doch nicht. Doch, im Roman «Der letzte Badegast» von Hugo Ramnek. …
http://www.drs1.ch/www/de/drs1/sendungen/wortort/125062.sh10149262.html

 

Literaturhaus Wien vom 18. März 2010

 

Literaturhaus Salzburg macht aufmerksam auf eine Lesugn von Hugo Ramnek am 11. November 2010, um 20 Uhr:

Hugo Ramnek, im Vorjahr erostepost-Preisträger für die beste erotische Geschichte, kehrt nach Salzburg zurück, mit einem druckfrischen Buch im Gepäck: „In seinem ersten Roman verbindet er die Kunst des Fabulierens mit formaler Disziplin, Leichtigkeit mit Tiefgang, Musikalität mit Witz. Seine Phantasie ist ausufernd, aber exakt. Ein Wurf!“ (NZZ)…

Bachmann-Preis : Schwimmer im Becken der Literatur > Kleine Zeitung
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Hugo Ramnek: „Die Fallhöhe ist gegeben“
WortOrt | Bademeister-Geschichten | Schweizer Radio DRS
Hugo Ramnek, Zürich (A+CH) | Bachmannpreis.eu
St.Galler Tagblatt Online – Lieber Käsegestank als Schweissgeruch

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