​8. Jänner 1936 – 8. März 2017

Soeben teilt uns Mirko Schwanitz, Journalist und Übersetzer mit, daß unser Autor und Freund, Georgi Danailov, überraschend verstorben ist.

Die Reise nach Sofia und Plovdiv führte uns auch einige Zeit am Bergrücken der Rhodopen entlang. Die Verlockung war groß, den Autor Georgi Danailov im entlegenen Dorf mit dem Haus am Ende der Welt zu suchen, wäre nicht schon ein Treffen mit Emil Stojanov vereinbart gewesen. Georgi wurde 1936 in Sofia geboren. Er lebt in einem Bergdorf in den Rhodopen. Während der Zeit des kommunistischen Regimes wurde seine Familie für dreizehn Jahre in der Stadt Svisrov an der Donau interniert. Nach dem Studium der Chemie und Physik in Sofia arbeitete er als Schriftsteller, Dramaturg und Drehbuchautor für Theater und Film. Seine Bühnenwerke wurden in vielen Ländern Europas aufgeführt. Er ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller Bulgariens und seit 1998 ausschließlich literarisch tätig. Ein Haus jenseits der Welt erschien in einer wunderbaren Übertragung von Ines Sebesta bei uns 2007, gerade eben kam die Taschenbuchausgabe heraus.

Das Buch erzählt die Geschichte einer mehr als zwanzig Jahre währenden Flucht. Was den Autor Ende der 1970er Jahre aus dem tristen Sofia in das entlegene Rhodopen-Dorf Kovaevica treibt, ist Sehnsucht – Sehnsucht nach Einsamkeit und Ursprünglichkeit. Schon bei seiner abenteuerlichen ersten Fahrt in das vom Sozialismus vergessene Dörfchen wird klar, dass sich zu dieser Sehnsucht auch Liebe zu den Bergen, den Bäumen und dem silbern glänzenden Bächlein unter der schwindelerregend hohen Feldsteinbrücke gesellt. Dieses auf den ersten Blick so enge Dorf gibt Anlass, Globales zu betrachten und zu philosophieren: über den Unsinn großer Hunde und den Sinn des Todes, die Schönheit der Berge und der Pomakenjungfern oder gar über das tragische Verschwinden von Dorfkneipen.

Diese Zeilen schrieb ich vor zwei Tagen. Ich wußte nicht, daß es ein Nachruf auf den Autor Georgi Danailov sein wird. Ich bin sehr betrübt und traurig und sehe ihn und sein verschmitztes Lächeln bei der letzten Lesung in Wien.

Mein lieber Freund, Dir eine leichte Reise! Was Du uns hinterläßt, ist Dein Haus jenseits der Welt. Dafür seist Du bedankt!

Lojze Wieser, Erika Hornbogner, Ines Sebesta und das ganze Wieser Team

Klagenfurt/Celovec, am Abend des 8. März 2017