Liebe Frau Nathalie Borgers,
wir müssen Ihnen leider sagen, dass Ihr Film „Fang den Haider“ eine Enttäuschung ist, und das mehreren Gründen:
- Der Film ist nicht verortet. Er steht im kontextleeren Raum und gibt keine Antwort auf die Frage, wie es zu überhaupt zu diesem Phänomen kommen konnte. Der Porträtierte war Teil einer gesellschaftspolitischen Entwicklung, an deren Anfang er selbst österreich- und europaweit stand und eine europäische Veränderung einleitete, die bis heute auf die gesamte Gesellschaft weiter wirkt.
- Der Produzent meinte, es gehe um einen Außenblick. Ein Außenblick ist nicht wirklich gegeben, aus zweierlei Gründen: Einerseits können Familienmitglieder über eines ihrer Clanmitglieder in der Öffentlichkeit niemals negativ sprechen. Die im Film besonders langen Szenen von Mutter und Schwester führen also unweigerlich zu einer Verherrlichung des Porträtierten. Zweitens fehlen die Gegenstimmen, so wird nicht austariert. (Die im Anschluss geführte Moderation hat das erschreckend weiter vertieft mit „gibt es heute jemanden, der in seine Fußstapfen treten kann?“. Als ob man so einen brauchte, es derer nicht genügend gäbe!)
- Der Plan, dass man mit einem außenstehenden Blick zu den Bildern und Worten seiner Gefolgsleute dem Phänomen Haider beikommen kann, ist nicht aufgegangen. Die sarkastisch-launige Kommentierung kippt in der Gesamtheit in ein sanftmütig-naives Eck. Die wenigen Gegenstimmen der vier Alt-Parlamentarier haben zu wenig Gewicht. Als Ergebnis bleibt wieder nur Rechtfertigung und Verherrlichung. Das steht einem kritischen Diskurs klar entgegen und vertieft leider nur die Heldentheorie.
- Die Szenen erinnern leider auch an Leni Riefenstahls Weltbetrachtungen, wo ja „nur der Mensch und die Natur“ gezeigt werden. Hinter der alten Leier, das Land Kärnten sei so schön (und ausgerechnet im Bärental regnet es!), und – wie es der Produzent sagt – hier würde man gerne arbeiten, ist eine Verhöhnung von den vielen Menschen, die unter diesen Bedingungen arbeiten mussten: verunglimpft, von Subventionen abgeschnitten, und – wie viele unserer Kollegen – aus dem Land vertrieben oder davon abgehalten, überhaupt hierher zu kommen.
- Den Film enden zu lassen, ohne zumindest im Epilog zu sagen, dass es nach den Wahlen 2013 zu einer gravierenden Änderung gekommen ist, und dass wir heute alle Feuerwehr spielen müssen, um in den kriminellen Handlungen des Porträtierten nicht zu verbrennen, ist mehr als nur lästig und unverantwortlich.
Das haben wir nicht auch noch gebraucht.
Lojze Wieser & Barbara Maier