Lojze Wieser, 20. 8. 2014
Die Frage ist sehr vielseitig. Auf Suche nach Antwort begibt man sich in keine Einbahnstraße.
Bei den Veränderungen an Buchmarkt sind wir mit unterschiedlichen Faktoren konfrontiert: in Deutschland verkaufen Verlage den Medien zufolge 20% direkt, 23% über Buchhandlungen und der Rest über Anbieter wie Amazon.
Das heißt, mehr oder weniger hat eine einzige Buchhandlung den größten Marktanteil übernommen. Es ist aber keine klassische Buchhandlung. Sie hat keine Regale, keinen Raum, in den wir von der Straße treten könnten. Sie ist aber immer und zu jeder Zeit geöffnet.
Amazons Verkaufspalette ist groß – und meist sind Verlage mit ihrem gesamten Sortiment vertreten. Insbesondere für kleine Verlage ist diese Tatsache von existenzieller Bedeutung. Aber Amazon droht/erpresst auch, einerseits mit Preisnachlässen, andererseits mit Service. Diese Arbeit müssen die Verlage selbst für Amazon erledigen. Für diese Dienstleistungen müssen die Verlage bis zu 60% des Verkaufspreises abziehen, die ganze Arbeit erledigen und darauf achten, immer aktuell zu sein, weil damit der Umsatz vergrößert werden kann.
Auch klassische Buchhandlungen bieten ihren Kunden die Möglichkeit an, Bücher übers Internet zu bestellen oder zu kaufen. Doch gewöhnlich füttern sie den Webshop mit den Daten von so genannten Bar-Sortimentern, die teilweise nicht einmal die Hälfte der jeweiligen Verlagsprogramme in der digitalen Liste führen. Was bedeutet, dass auch die Bücher nicht in ihrer Datenbank zum Verkauf angeboten werden.
Was soll also ein kleiner Verlag tun? Soll er sich den Möglichkeiten des Verkaufs verweigern? Die Frage, wer der erste sein wird, der den Verleger kritisieren wird, kann sich jeder selbst beantworten.
Damit wir uns verstehen: Ich mag es lieber, dass die Kunden in die Buchhandlung kommen und unsere Bücher dort kaufen bzw. sie dort übers Internet bestellen. Da die Buchhandlung viele Bücher nicht auf Lager haben und aufgrund mangelnder Hinterlegung auch nicht ordern können, ist es jedoch nützlich, dass es eine digitale Buchhandlung gibt, die die Bücher rund um die Uhr anbietet. In Wirklichkeit zahlen die Verlage für dieses Service aber einen hohen Preis, unter grausamen und erpresserischen Bedingungen.
Also sollen wir den Grund für den Rückgang des Verkaufs in klassischen Buchhandlungen nur beim digitalen Monopolisten Amazon suchen, oder sind auch traditionelle Buchhandlungen mitverantwortlich, wenn sie nicht bereit sind, ganze Verlagsprogramme ins Sortiment aufzunehmen, insbesondere das kleiner Verlage? Sind wir nicht auch mit der Tatsavhe konfrontiert, dass der schrupfende klassische Buchhandel vermeint, seine Rettung liege bei den großen monopolistischen Verlagen und in der Kostensenkung durch Beschäftigung von zunehmend schlecht qualifiziertem Personal? Kann es sich ein kleiner Verlag leisten, die größte Buchhandlung zu ignorieren, wenngleich sie nur im Internet agiert und auf primitive Weise ihre Angestellten ausbeutet?
Angestellte bei Amazon haben bei ihrem Kampf all meine Unterstützung und Solidarität. Ihre Gewerkschaft muss eine Möglichkeit finden, für sie solche Arbeitsverhältnisse zu schaffen, wie sie heute zumindest in kapitalistischen Firmen allgemein üblich sind.
Der Existenzkampf in der Branche hat einen neuen Punkt erreicht, der neue Antworten verlangt und nicht mehr mit allgemeinen Floskeln und radikalen scheinenden Parolen gegen den primitiven kapitalistischen Monopolisten abgetan werden kann. Es bedarf einerseits einer Änderung der Arbeitsverhältnisse, die uns nicht an das 19. Jahrhundert erinnern und andererseits ein Umdenken in allen klassischen Buchhandlungen, deren Angebot nicht darin besteht, dass sie die großen monopolistischen Verlage unterstützt, denn auch sie sind mitverantwortlich für den Verfall der Kulturvielfalt.
Die Lösung findet sich vielleicht auch im offeneren Zugang zu kleineren Verlagen, um die Tür zur breiteren Kundenschicht aufzumachen. Dieser Schritt würde dazu beitragen, dass auch kleine Verlage überleben. Mit der Umsatzsteigerung würden auch die Autorinnen und Autoren zu einem angemessenen Honorar kommen.
Und vor allem wäre es leichter, einen Ausgang aus der jetzigen kulturellen Depression zu finden.