Erscheint erstmals auf Deutsch
Essay
Aus dem Kroatischen von Gero Fischer

ca. 100 Seiten, englische Broschur
EUR 14,80/sfr 25,80

 

Engagiert und fundiert wendet sich Krleza gegen die jahrhundertealte Voreingenom-menheit des Westens, die Kunstwerke an der Ostküste der Adria wären nur als »barbarische Anachronismen«, »lombardische Derivate« und »Epigonentum« zu bezeichnen.

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In diesem 1951 geschriebenen Essay wendet sich Miroslav Krleza entschieden gegen die jahrhundertealte Voreingenommenheit Westeuropas, die Kunstwerke an der Ostküste der Adria nur als »barbarische Anachronismen«, »lombardische Derivate« und »Epigonentum« zu bezeichnen. Er sieht dagegen die große Eigenständigkeit der slawischen künstlerischen, ethischen und sozialen Gedankenwelt, die Grundelemente der europäischen Zivilisation antizipiert, die im Westen erst Jahrhunderte später in Erscheinung treten. Er schildert die originale Kunstauffassung in Malerei, Bildhauerei und Architektur und hebt die Bedeutung der Glagolica als einer hochentwickelten, weitverbreiteten Literatursprache hervor. Er verweist auf die in diesem slawischen Raum stattfindende Grundsatzdebatte um die internationale Gleichberechtigung der Sprachen »bereits im 9. Jahrhundert«, erörtert den bogomilischen Protestantismus, der sich fünfhundert Jahre vor der Reformation in viel radikalerer Form zu Wort gemeldet hat als die Reformation selbst. Auch die Gold- und Silberschätze in den Kirchen und Museen Zadars, vor allem der von der angevinischen Königin Jelisava Kotromanic 1380 gestiftete Reliquienschrein des heiligen Simeon, sind Zeugnisse eines hochentwickelten Goldschmiedehandwerks, das zwar den fränkisch-karolingischen, lateranisch-benediktinischen und byzantinischen Einfluss nicht leugnen kann, aber in den psychologisch fein herausgearbeiteten Heiligenphysiognomien und der präzisen Darstellung von Details schöpferische Originalität zum Ausdruck bringt und zu höchster künstlerischer Vollendung gelangt.

Miroslav Krleza, enzykldopädischer Geist und streitbarer Humanist, Poeta doctus, ist ein Jahrhundertgenie Europas, das nicht nur das lirerarische und kulturelle Gesicht des zerfallenen Jugoslavien prägte. Krleza wurde 1493 in Zagreb geboren, er begann sein umfang- und einflussreiches literarisches und essayisches Werk unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs. Den Pressionen der Zeiten setzte er streitbare Unruhe, ästhetischem Regelement
vielseitige, subversive dichterische Innovation entgegen. Miroslav Krleza starb 1981.
Werke in einer Auswahl: Glemho Zyklrrc (1932), Die Rückkehr des Filip Latinovicz (1932), Ballade des Petrica Kerempuh, (1936), Bankett in Blitwien (1938/1939), Flaggen (1962-1968); im Wieser Verlag erschienen: Illyricum sacrum (1996).

Miroslav Krlezas Essay ist das brillante, kundige und beklemmend aktuelle Plädoyer für das Fragmente aus dem Spätherbst
historische Verständnis einer ureuropäischen Kulturlandscht zwischen Schwarzem Meer, Ägäis und Adria.

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Gero Fischer, geboren 1939 in Hagen. Besuch eines humanistischen Gymnasiums. Studium der Germanistik und Romanistik. 25 Jahre Forschung und Entwicklung bei einem industriellen Großunternehmen, automatische Lexikografie, Datenbanksysteme, künstliche Intelligenz. Herausgeber eines Buches über Datenbanksysteme und natürliche Sprache im K. G. Saur Verlag. Studien- und Forschungsaufenthalt in den USA an der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh und an einer Forschungseinrichtung in Princeton. Studium der Slawistik.
Im Wieser Verlag erschienen (gemeinsam mit Milos Okuka): Europa erlesen: Terra Bosna; Slawonien; Kvarner.