Roman
ca. 200 Seiten, gebunden, Vor- und Nachsatz,
Lesebändchen, Prägedruck
EUR 21,00/sfr 37,90
Zum Buch:
Die Lösung liegt in der Vergangenheit. Wie so oft. Die Suche nach ihr wird mit dem zeitlichen Abstand immer schwieriger. An die Stelle von Beweisen treten Vermutungen. Das Bild trübt sich. Emotionen weisen den Beurteilungen die Irr-Wege. Der Verstand lässt sich leiten und tritt in den Hintergrund. Im Klagenfurt der Jetztzeit verschwindet eine alte Dame und taucht verwirrt wieder auf. Wenig später wird das Oberhaupt einer gutbürgerlichen Familie ermordet, und die Ermittlungen gehen nur zögerlich voran. Matteo, der Enkel des Opfers, begibt sich auf die Suche und stößt auf ungeklärte Vorfälle in der Vergangenheit seines Großvaters. Unwertes Leben wurde in den letzten Kriegsjahren vernichtet, Patienten aus dem städtischen Krankenhaus in Massentransporten verschleppt. Volker Berg saß an entscheidender Stelle. Viel Zeit ist seither vergangen. Viele haben über Jahre geschwiegen. Genaus weiß niemand. Aber Unrecht verjährt nicht, und Recht muss hergestellt werden. Eine ahnungslose Generation, die das Glück der späten Geburt besitzt, macht sich auf die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, bereit, Urteile zu sprechen und sie zu vollziehen.
Günter Schmidauer, in Klagenfurt geboren, studierte in Wien Theaterwissenschaften, Germanistik und Werbemanagement, war Dramaturgieassistent am Burgtheater, freier Journalist sowie Chefdramaturg und Werbeleiter am Stadttheater Klagenfurt und Mitarbeiter der Komödienspiele Porcia in Spittal an der Drau. Inszenierungen erfolgten im Studio des Stadttheaters Klagenfurt, bei den Friesacher Burghofspielen und bei der von ihm gegründeten VolXbühne. Günter Schidauer ist heute Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Kärnten. Es erschienen von ihm der Roman die Erbsenzähler, Herbert Wochinz und das leichte Lachen von Porcia sowie Essays und Fachartikel in verschiedenen Zeitschriften.
Rezensionen & Reaktionen
Pressestimmen
Ahnungslose Generation und jene, die geschwiegen haben Günter Schmiedauer hat im Wieser Verlag den Roman ,,Trommelsteine‘‘ veröffentlicht: Zu einem Stück unbewältigter Vergangenheit in Klagenfurt.
Glaube nicht an Weltliteratur, sondern die Welt der Literatur für die, die hier leben.
Ihre Bücher und Essays waren bisher thematisch breit gestreut. Haben Sie sich jetzt mit ihrem Roman ,,Trommelsteine‘‘ der Belletristik zugewandt?
Günter Schmidauer: Es ist keine Belletristik. Es fängt wie ein Krimi an und endet im Landeskrankenhaus, wo 1500 Kärntnerinnen und Kärntner während der NS-Zeit niedergespritzt, getötet wurden. Was mich bewegt hat, war etwa die Aussage der daran beteiligten Schwester Maria, die 1945 zum Tode verurteilt wurde. Man fragte sie, was passiert wäre, wenn sie verweigert hätte. ,,Nichts wäre passiert, ich wäre nur versetzt worden …‘‘ sagte sie. Mein Roman spielt im Jetzt, in der viele mit dieser Zeit nichts am Hut haben.
Im Buch macht sich Matteo, ein Enkel, ein Spätgeborener auf Wahrheitssuche ..
Schmiedauer: Ja, und es stellt sich die alte Frage – kann man über menschliches Leid objektiv urteilen? Die Suchenden in meinem Buch sprechen falsche Urteile, weil sie falsche Informationen bekamen. Und das alles im dramaturgischen Schema eines Kriminalromans. Es geht dabei um meine Generation, die keine Ahnung, keine Kenntnisse hat, weil die vorhergehende Generation verstummt ist. Niemand hat mehr darüber geredet. Und wenn man nicht darüber redet, ersteht das alles wieder. Aus dem Diffusen entsteht Schuld …
Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?
Schmiedauer: Durch Helge Stromberger auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte und ein Aufruf: Redet mit euren Großeltern, solange es geht. Ein Beweggrund war die Verpflichtung eines denkenden Menschen, wenn es ihm gut geht, das auszusprechen, was sich andere nicht trauen können.
Kärntner Tageszeitung, 20.02.2009
Unrecht verjährt nicht
Günter Schmidauers „Trommelsteine“ führen in Klagenfurts „Geheimvergangenheit“
VON MANFRED POSCH, KTZ
Wer zum Begriff „Trommelsteine“ Google bemüht, stößt auf 78.200 Eintragungen. Günter Schmidauers vom renommierten Verlag Wieser herausgebrachter Roman“Trommelsteine“ hat zwar hinblicklich Google Aufholbedarf, nicht aber die Qualität betreffend: Eine Art Kriminalroman liegt vor, der zu loben ist, dessen Tiefgang deutliche Wahrnehmung über die heimische Literaturrezeptivität hinaus zu wünschen ist.
Doch nicht nur die Tatsache, dass es sich beim Autor um ein seit Langem Wertschätzung genießendes Mitglied der hiesigen Kulturszene handelt, um einen Schreiber, der über eine solide Pranke verfügt, mag dem Roman Interesse zuführen – das nicht in allen heimischen Gesellschaftskreisen gerne vernommenes Thema ist´s, das ein für Kärnten untypisches Raunen erzeugen könnte/sollte. Klarer ausgedrückt: Die konzedierte handwerkliche Qualität widmet sich einem Stoff, der häufig unter Hinweis darauf abgetan wird, dass „es einmal genug“ sein müsse.
Womit es „genug sein“ müsse? Mit den Hinweisen auf die Schrecken der NS-Vergangenheit, die Konzentrationslager, die Verbrechen der SS etc., etc., etc. Wer so spricht (copyright: meist Rechts, aber allenthalben leider auch Links), kennt ihn nicht, den Philosophen Theodor W. Adorno, oder will von dessen „Kulturkritik und Gesellschaft“ nichts wissen, jener Kritik die mit der Feststellung endet: “ … nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch …“
Adornos Edikt zum Scheitern von Kunst und Literatur vor dem Hintergrund unfassbarer, in solchen Dimensionen noch nie verübten Verbrechen ist, wie man weiß, Theorie geblieben; die „Einmal-ist-es-genug“-Apostel sind die Praxis – und in Kärnten ganz besonders. Womit Schmidauers Wurf sozusagen ambivalent, von zeitgeschichtlicher und aktueller gesellschaftlicher Bedeutung ist.
Worum es geht? Eine alte Klagenfurterin verschwindet, ein paar Tage darauf wird das Oberhaupt der „gutbürgerlichen“ Familie ermordet. Im Zuge privater und polizeilicher Recherchen öffnet sich die Verangenenheit, jene Jahre treten in die Gegenwart, da „unwertes Leben“ vernichtet wurde. Über den Massentransporten, über dem von NS-Ärzten verordneten Sterben lag jahrzehntelang der Mantel des Schweigens, doch – so die „Trommelsteine“-Quintessenz -: „Unrecht verjährt nicht“.
Der Autor, der am Burgtheaterwirkte und als Chefdramaturg und Werbeleiter am Stadttheater Klagenfurter die Ära Herbert Wochinz mitgestaltet hat, kennt „sein“ Klagenfurt und dessen See-Umgebung, zeichnet manch ein gültiges, von lyrischen Gespinsten umfächeltes Kolorit. Die Straßen und Plätze, die Gegenden „stimmen“, der Roman vermittelt gleichschwebende Aufmerksamkeit und seinem Heimito von Doderers „Die Wasserfälle von Slunj“ entnommenem Motto („Hier mag man den Geist jener Zeit erkennen. Aussprachen fanden kaum jemals statt. Auch nicht zwischen Vätern und Söhnen“) hat Schmidauer immerhin 330 Zeilen hinzugefügt.