ca. 350 Seiten, gebunden, Lesebändchen, Prägedruck
EUR 14,95

Ist die Rede von Afghanistan, denkt man wohl unweigerlich zunächst an Terror in Endlosschleife, an Taliban, Al-Qaida und diverse Warlords, an Opium, Burkas, Bürgerkrieg, eventuell auch das berüchtigte Great Game zwischen Briten und Russen, den Einmarsch der Sowjets, jedenfalls chronischen Aufruhr, Armut und Leid. So bilden seine besonders unheilvolle jüngere Geschichte, die Interventionen imperialistischer Mächte von außen und die dadurch befeuerten internen Feindseligkeiten zwangsläufig ein Leitmotiv dieser Anthologie. Historische Feldpostbriefe und Lageberichte von Militärs aus dem 19. Jahrhundert und aktuelle Reportagen legen davon gleichermaßen trauriges Zeugnis ab.

Doch dieses sagenhafte, wenngleich als Nation noch recht junge Land ist natürlich weit mehr als nur eine Dauerkrisenzone. Die Fülle seiner Facetten, vor allem auch die einnehmenden, lebensbejahenden zu vermitteln, ist erklärtes Ziel dieses Bandes. So begleiten wir lesend europäische – aber auch frühe arabische und fernöstliche – Forschungs- und Abenteuerreisende, Diplomaten und Pilger auf ihren Wegen durch grandiose Gebirgslandschaften. Dabei schlagen wir an legendären Orten wie Balkh und Bamian, Kabul, Kunduz, Kandahar, auf dem Khyber-Pass, in Herat, Ghasni und Masar-e Scharif unsere Zelte auf. Aber auch in entlegene Gegenden, Belutschistan etwa, Kafiristan, das Pandschir-Tal oder den Wakhan-Korridor, führt die Lektüreroute. Unterwegs begegnen wir Bauern und Nomaden, besichtigen Moscheen, Mausoleen, Basare, Burgruinen und das Nationalmuseum. Wir schauen Archäologen beim Graben über die Schulter, lernen über das Wesen der Loya Jirga, die Herkunft von Paschtunen, Tadschiken und der – oft arg bedrängten – Minderheit der Hazara. An den Liebesversen sufischer Mystiker wärmen wir die Seele. Und es wäre nicht Afghanistan, kämen wir nicht in den Genuss überbordender Gastfreundschaft – bei Hochzeiten zum Beispiel, einem Festmahl zu Ramadan samt Audienz beim Emir und dem traditionellen Reiterspiel Buzkaschi.

Breiten Raum nehmen, wie könnte es anders sein, einheimische literarische Stimmen ein. Sie eröffnen authentische Einblicke in afghanische Alltagswelten einst und heute. Besonders eindrücklich und aufwühlend: jene von Gegenwartsautorinnen verfassten Texte, die von der seit der neuerlichen Machtübernahme durch die Taliban im Sommer 2021 wieder besonders desolaten Situation der Frauen erzählen.

Walter M. Weiss: 1961 in Wien geboren, bereist und beschreibt als freier Autor seit bald 40 Jahren die islamische Welt. Einen thematischen Schwerpunkt bildet für ihn seit langem der iranische Kulturraum. Insgesamt hat er über 100 Sach- und Reisebücher veröffentlicht. In der von ihm als Reaktion auf den Anschlag von 9/11 mit dem Wieser Verlag initiierten Reihe „Orient Erlesen“ hat er bisher Bände über Iran, Irak, Marrakesch und Oberägypten herausgegeben. Nähere Informationen unter: www.wmweiss.com