ca. 600 Seiten,

gebunden mit Schutzumschlag

EUR 35,00 / sfr 55,50

Zum Buch
In einem Zimmer mit Blick auf einen Hafen am Meer sitzen bei Sonnenuntergang zwei Männer einander gegenüber. Der Gastgeber erzählt und spricht beinahe ununterbrochen, der Gast hört zu und erst allmählich wird erkennbar, dass es sich um einen hochrangigen Polizeibeamten handelt, der den Mann ihm gegenüber des dreifachen Mordes überführen will und zu diesem Zweck jedes Wort, jede Bewegung protokolliert. So viel der Gastgeber redet, so ausgiebig schweigt der Beamte, er nennt diese Methode »Listening«, mit der er bereits auf internationalen Kongressen für Furore gesorgt hat: den Verdächtigen reden lassen und ihn möglichst nie unterbrechen, denn irgendwann verrät sich jeder, der redet, von selbst.
Der Verdächtige erweist sich in den Augen des Inspektors allerdings als gefinkelt und zäh: Einerseits verheimlicht er das Wesentliche, andererseits erzählt er ihm sein ganzes Leben — als wüsste er über das nahezu perfekte Gedächtnis seines Gastes Bescheid, welches diesen zwingt, sich alles in seiner Umgebung minutiös einzuprägen. Eine Fähigkeit, die, je länger die Nacht währt, dem Polizisten zum Nachteil gerät.
Einige Stunden nach Mitternacht hat man sich auf die Terrasse begeben, schon sind die ersten hellen Streifen über dem Meer erahnbar; die vor kurzem noch triumphale Überlegenheit des Investigators schwindet. Geradeso als hätte der »Gejagte« zurückgeschlagen und würde er nun seinerseits den »Jäger« — mit undurchschaubaren Methoden – auf dieser Insel festhalten wollen. Bald fürchtet der Beamte, nie mehr nach Hause zurückkehren zu können, zu seiner Frau und seiner Tochter, die ihm weit mehr bedeuten, als er sich in all den Jahren eingestanden hat. Und sobald der mittlerweile äußerst selbstsichere Mann auf der anderen Seite des Tisches etwa von Versäumnissen in Sachen Liebe spricht, kommt es seinem Zuhörer so vor, als redete der von ihm selbst. Dann wieder meldet sich die Pflicht im Inspektor zurück: Indizien haben bereits die Qualität von Beweisen, bislang Unzusammenhängendes lässt sich endlich schlüssig verbinden. Er werde den Fall, der so gut wie gelöst sei, zu Ende bringen, und dann ab nach Hause … — Aber gibt es ein solches Zuhause nach dieser lange Nacht für ihn überhaupt noch?

Wilhelm Perny, geboren 1944 in Wallersdorf (Niederbayern), 1946 Übersiedlung nach Wien, wo er bis heute lebt. Studium der Theaterwissenschaft, 1967-1969 Sprachlehrer in Paris.
1968 erstes Theaterstück »Flipper«, uraufgeführt im Cafétheater, Wien. 1969: »Sprintorgasmika, bei »La Mama«, New York. Weitere Theaterstücke, u. a. »Rais« – für neun Bühnen, 1972 am »Mickery Theater« in Amsterdam. »Der Traum vom Glück«, 1978 im Akademietheater, Wien. »Schönes Wochenende«, 1986, Ensembletheater, Wien.
Fürs Fernsehen schrieb er u. a. gemeinsam mit Peter Turrini die »Alpensaga« und »Der Bauer und der Millionär«. In Mosambik drehte er 1985 den Film »Safari. Die Reise«.
An Erzählbänden sind erschienen »Der Mann, der nicht lieben konnte« (Edition S) und »Gewinner — Verlierer«; weiters wurden u. a. veröffentlicht: »Die afrikanische Reise« (eine literarische Reportage) und die politische Schrift »Die vergessenen Ziele. Wollen sich die 68er davonstehlen?« (alle Europa-Verlag). Von den Hörspielen seien »Die Kunst der Liebe«, »www.schleinzbach.at«, „1 Stunde Welt — eine Störung“ erwähnt. Lebt seit 1989 zurückgezogen in Wien und Retz, arbeitet an Langzeitprojekten. Der Roman Palmenland wird im Herbst 2007 vom Wieser Verlag veröffentlicht.

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Künstler leiden an einem chronisch schlechten Gewissen. In ihrer oft nicht sehr künstlerfreundlichen Umwelt wird ihre. Leistung nur von wenigen anerkannt. „Sie wachsen“, so schreibt Wilhelm Pevny, „mit dem gesellschaftlichen Vorurteil auf, dass sie nicht ‚wirklich‘ arbeiten.- In den Jahren entwickelt sich bei den Künstlern unterbewusst das schlechte Gewissen, das oft dazu führt, dass sie ihre Leistungen zu Konditionen erbringen, für die ein Arbeitnehmer nie arbeiten würde.

Nun überrascht Pevny mit einem 600 Seiten starken Roman. Pevnys neues Werk ist ein subtiler psychologischer Roman, dessen Rahmenhandlung auf einem 24-stündigen Gedankenaustausch zweier Protagonisten aufbaut. In der Abenddämmerung, mit Blick aufs Meer, sitzen sich zwei gesetzte Herrn: ein Polizeibeamter und der – der dreifachen Tötung verdächtigte – Mörder, in einem Rollstuhl, gegenüber.

So viel der mutmaßliche Mörder spricht, so standhaft schweigt der Beamte. Er nennt dieses System „Listening“, mit der er bereits auf internationalen Kongressen für Aufsehen gesorgt hat: den Verdächtigen reden lassen und ihn möglichst nie unterbrechen, denn irgendwann verrät sich jeder, er redet von selbst. Der vermutliche Mörder ergeht sich in ausgefeilten Monologen, der hochrangige Gesetzesvertreter versucht den Mörder beharrlich durch sein Monologisieren zu demoralisieren, auf entscheidende Hinweise hoffend und letztlich zu überführen, bis sich unerwartet das folgerichtige Rollenverhältnis im Laufe der suggestiven Handlung bedächtig umkehrt und der „Gejagte“ den „Jäger“ immer mehr in seinen Bann zieht, seine psychologische Dominanz ausspielt und mit steigender Selbstsicherheit seinem Zuhörer dessen Leben zur Reflexion vorführt. Plötzlich befürchtet der Beamte, nie mehr nach Hause heimzukehren, zu seiner Frau und seiner Tochter, die er mehr liebt als er sich in all der vergangenen Zeit eingestanden hat. Und es beschleicht ihn der Verdacht, dass nach dieser langen Nacht nichts mehr wie davor sein wird. Wer belauert, wer jagt schließlich wen? In einer Gesellschaft, in der auch literarisch der Wirklichkeitssinn dominiert, beharrt Pevny auf dem Möglichkeitssinn. In sechs Jahren entstanden, errechnete der Verleger Lojze Wieser bis zur Endfassung (die Urfassung war fast doppelt so umfangreich) ein Arbeitspensum von neun Stunden täglich (ohne Wochenende). Nicht zufällig bezeichnet Pevny „Palmenland“ als eine Art Vermächtnis. Renate Bernarden-Gabler, Bücherschau  2/2009

Aus Literatur und Kritik – Evelyne Polt-Heinz

changierend zeigen sich die Dinge in Palmenland, und vieles belässt der Autor bis zum Schluss im Ungewissen, so als wären die Realien in dieser Art Parallelwelt den Lesern in der Drüben-Welt nicht zumutbar. …  Wie Pevny in den unbeholfen poetischen Bildern des Polizisten dessen Mentalität einfängt und ausstellt, ist ein risikoreiches, aber gelungenes Spiel. … Eine Lesereise durch Wilhelm Pevnys „Palmenland“ ist jedenfalls durchaus lohnend, mit ein wenig Geduld muss man sich, wie bei jeder Reise, allerdings wappnen.

Der persönliche Tipp von Wolfgang Huber-Lang, APA:

In den 70er- und 80er-Jahren war Wilhelm Pevny als Dramatiker und Drehbuchautor (u.a. als Co-Autor der „Alpensaga“) im heimischen Literaturbetrieb präsent. In den vergangenen Jahren zog er sich zunehmend zurück. Nun hat der 63-Jährige einen fast 700-seitigen Roman vorgelegt, der auf Lesegewohnheiten oder Unterhaltungsbedürfnisse keine Rücksicht nimmt. „Palmenland“ schildert die 24-stündige Konfrontation eines auf „Listening“ spezialisierten Kriminalbeamten mit einem des dreifachen bestialischen Mordes verdächtigten ehemaligen Pressefotografen – und nicht viel weniger Lesestunden müssen veranschlagt werden, um sich durch das Protokoll dieses ungewöhnlichen Verhörs zu kämpfen.

Ähnlich wie der Ermittler durchlebt auch der Leser angesichts zahlreicher Abschweifungen zahllose Höhen und Tiefen und muss, stets auf entscheidende Hinweise hoffend, einem mäandernden Erzählfluss folgen, bei dem es keine Abkürzungen und viele krause Vermutungen gibt. In einer Welt, in der auch literarisch der Wirklichkeitssinn dominiert, beharrt Pevny auf dem Möglichkeitssinn. Soviel Mut gehört belohnt. „Palmenland“ hat sich Aufmerksamkeit und Auseinandersetzung verdient.

 

Ab den späten 60er Jahren trat der vielseitige Künstler und Provokateur Wilhelm Pevny literarisch in Erscheinung und arbeitete u. a. mit Peter Turrini an den Drehbüchern zweier Erfolgsserien des ORF – „Alpensaga“ und „Der Bauer als Millionär“ – zusammen.

Noch vor der Ausstrahlung des 6-teiligen Fernseh-Dramas „Alpensaga“ kam es zu einem gewaltigen Protest von Seiten des Österreichischen Bauernbundes, Drehverboten an diversen Orten und Tiraden gegen das Projekt von katholischen Kanzeln herab. Die Serie sei ein böses Machwerk der Kommunisten – lautete die Kritik.

Vor rund zwanzig Jahren zog sich Wilhelm Pevny weitgehend aus dem aktiven Kulturleben zurück, ehe er sich nun mit einem psychologischen Meisterstück „Palmenland“ wieder nachhaltig zu Wort meldet.

lebens.art besuchte Wilhelm Pevny in seinem Haus in Retz und sprach mit ihm über seine Entscheidung, der Öffentlichkeit den Rücken zu kehren, sowie über sein neues Buch „Palmenland“.

 

 

 

Ein Autor meldet sich zurück
Wilhelm Pennys monumentaler Roman »Palmenland«

Seit 1989 zurückgezogen«, heißt. es in  der Kurzbiografie, die dem voluminösen Roman beigegeben ist, mit dem sich Wilhelm Pevny, Co-Autor der legendären »Alpensaga«, nun beeindruckend als Prosaautor zurückmeldet.

Über weite Strecken ist das fast 700 Sei­ten starke Buch ein Zwei-Personen-Stück, das dem Leser einiges an Geduld abver­langt. Die beiden Kontrahenten, zu denen sich gegen Ende einige Staffagefiguren gesellen, sind ein eitler und etwas hohler Polizeibeamter und ein Mordverdächtiger, wahlweise auch Delinquent oder Obser­vant genannt. Das Erzählmodell ist ein Verhör, dessen Verlauf der Polizist aus­führlich und umständlich für seine »Kol­leginnen und Kollegen« niederschreibt, die er immer wieder direkt und durchaus per­sönlich anspricht. Ort des Verhörs ist eine Villa mit Meerblick, hierher hat sich der einstige Pressefotograf zurückgezogen, nachdem er aus dem Berufsalltag heraus gefallen ist und sich für ein Leben nach dem »Prinzip des Gegenteils« entschieden hat. Verdächtig ist er des mehrfachen Mor­des, unter anderem an seinem ehemaligen Kollegen Friedrich Marach, dessen Intri­gen ihm damals den Job in der Redaktion kosteten. Der »Verhörte« sitzt im Roll­stuhl, den er zwischenzeitlich immer ein­mal wieder verlässt, manchmal deutlich mit Schwierigkeiten, manchmal leicht­füßig oder gar tänzelnd. So changierend zeigen sich die Dinge in Palmenland und vieles davon belässt der Autor bis zum Schluss im Ungewissen, so als wären die Realien in dieser Art Parallelwelt den Lesern in der Drüben-Welt nicht zumut­bar. Das Besondere an der Verhörtechnik des Polizisten ist die Methode des »Listening«, auf die er sich viel zu gute hält und gegen deren Regeln er immer wieder verstößt. Listening meint das Prinzip des stummen Zuhörens, in der Überzeugung, dass sich auch aus scheinbar nebensächlichen De­tails zweckdienliche Hinweise für die Schuld des Verdächtigen erschließen las­sen. Das Verhör beginnt an einem späten Nachmittag und verliert sich im Lauf des folgenden Tages in der Parallelrealität von Palmenland eine Art Rollentausch oder Stafettenübergabe in Form einer Endlosschleife scheint sich anzukündigen. Die Veränderung des »Verhörenden« hat sich im Ton seines Berichtes bereits angekün­digt, der allmählich an Martialik verlor. Am Ende scheint der Polizist endgültig in Palmenland angekommen, diesem Zwitter zwischen Totenreich und Paradiesgarten — samt Erkenntnisverbot, wobei hier die Gefahr nicht im Genuss des Apfels liegt, sondern in der Berührung der Palmen.Doch den weitaus breitesten Raum nimmt das eigentliche »Verhör« ein und das inszeniert Pevny als raffiniertes psychologisches Spiel. Den Regeln des »Listening« folgend muss der Polizist zuhören, während der andere seine Le­bensgeschichte oder eher Geschichten aus seinem Leben erzählt. Der Polizist beob­achtet, registriert, plappert manchmal trotzdem ungeschickt dazwischen, aber im Wesentlichen folgt er tatenlos lauschend dem Arrangement seines Gastgebers. Das Gehörte zeichnet er auf, fügt seine biede­ren bis bornierten Kommentare an und Interpretationen nach den Regeln des Lehrbuchs für Polizeischüler. Pevny hält den Blick des Berichterstatters, der in – grammatikalisch einwandfreier — indirek­ter Rede das Gehörte wiedergibt, konse­quent bei: (Ein einziges Mal »weiß« der Polizist etwas vom nicht erwähnten Sod­brennen des Fotografen.) Was dieser wie aufgezogen und unbeirrt zu erzählen hat, ist durchaus interessant, wenn er auch bewusst retardierend erzählt und sich immer wieder in Schleifen verfängt: er hat sichtlich keine Eile, an ein Ziel oder ein Ende zu kommen und die Mordanschul­digungen interessieren ihn überhaupt nicht. Das strapaziert die Nerven des dienstlichen Zuhörers und stellt auch für den Leser keine kleine Hürde dar. Noch anstrengender sind allerdings die ein­geschobenen Szenenbeschreibungen des Polizisten, die vor allem im ersten Teil hartnäckig auf die wachsende Dunkelheit in allen Schattierungen zurückkommen. Doch diese Einschübe sind durchaus strategisch, denn sie demonstrieren das Kräfteverhältnis der Gesprächspartner von Anfang an: So wie der Sprecher Tee und Speisen zubereitet und wahlweise seinem Gast anbietet oder auch nicht, so bestimmt er kommentarlos, dass bei Einbruch der Dämmerung bzw. Nacht kein Licht ange­zündet wird außer einer allmählich herun­terbrennenden Kerze. Was zum Listening gehört, die Beobachtung von Gestik und Mienenspiel des Sprechers, ist in dieser flackernden Minimalbeleuchtung kaum möglich bzw. reduziert und konzentriert sich das Beobachten auf den jeweiligen Zustand der Kerzenflamme. Als sich die beiden gegen Morgen auf die Terrasse begeben und dem Anbruch des Tages zusehen, werden die Beschreibungen über­raschenderweise spärlicher und dürftiger. Wie Pevny in den unbeholfen poetischen Bildern des Polizisten dessen Mentalität einfängt und ausstellt, ist ein risikoreiches, aber gelungenes Spiel. Gelungen ist auch das große Missver­ständnis. Denn das, was der Sprecher als eine »Philosophie des Gegenteils« be­zeichnet, versteht der Polizist als Berufung auf den Ausnahmemenschen á la Raskol­nikow. Die französischen Existenzialisten werden zwar erwähnt, aber nicht das kon­krete Zitat, auf das der Fotograf Bezug nimmt. »Frage: Was tun, um seine Zeit nicht zu verlieren? Antwort: sie in ihrer ganzen Länge auskosten. Mittel: tagelang auf einem unbequemen Stuhl im Wartezimmer eines Zahnarztes sitzen; den Sonntagnachmittag auf seinem Balkon verbringen; Vorträge anhören in einer Sprache, die man nicht versteht (bei Pevny ist es eine lange polnische Predigt); in der Eisenbahn die längsten und umständ­lichsten Strecken fahren, selbstverständ­lich stehend; am Vorverkaufsschalter eines Theaters Schlange stehen und keine Kar­te lösen.« So ist in Camus`Roman »Die Pest« zu lesen. Das ist gewissermaßen die Ausgangsüberlegung, die der Fotograf, aus einem massiven Unbehagen an seinem bisherigen Leben heraus mit einer Hin­wendung zu sozialem Engagement oder einfach zu gelebter Menschlichkeit verbin­det. Es ist ein Bekenntnis zur Abkehr von saturierter Bequemlichkeit, hin zu einem großmütigeren Umgang mit seinen Mit­menschen, aber auch zu politischem En­gagement, zum Beispiel für die Dritte Welt. Dank seiner Philosophie des Gegen­teils lernt er neue Sozialwelten kennen, neue Perspektiven und neue Menschen. Und das ist es, worum es dem Erzählen­den geht. Wann immer der Polizist seine Frage nach den konkreten Mordverdäch­tigungen einwirft, lautet die Antwort: »Solange auch nur ein einziger Mord geschehe, hätten diesen alle begangen.« Das mag etwas verquast klingen, hat aber in der von aller Erdenschwere suspendier­ten Palmenland-Atmosphäre eine gewisse Logik. Pevny spielt hoch, indem er das gesam­te Buch einer protokollierenden Erzählstimme anvertraut, die unzuverlässig ist, voreingenommen und ein wenig be­schränkt in ihrer Weltsicht wie im Wort­schatz. Vor allem bei der Beschreibung der Nahrungsaufnahme düpiert der Autor den Leser mit ständig wiederholten Phrasen, fortwährend wird hier besinnlich, genüg­sam, inbrünstig und vor allem genüsslich gekaut. Aber so isst und denkt er nun mal, dieser Herr Polizist, und die Speisen müssen tatsächlich paradiesisch schme­cken in Palmenland; selbst beim ausgie­bigen Frühstück im Freien zeigen die Lebensmittel nie Ermüdungserscheinun­gen. So wie das Klima ideal ist in Palmen­land, wird hier offenbar keine Butter ran­zig, keine Wurst ausgedörrt, und die Stüh­le sind so bequem, dass selbst nächte­langes Stillsitzen ein physisches Labsal ist. Das fällt sogar dem Polizisten auf, dem etwa die Frage, warum sein Gastgeber im Rollstuhl sitzt, erst in der Mitte des Bu­ches einfällt, nachdem sich der »Delin­quent« schon mehrere Male daraus erhoben hat. Es muss am besonders ergonomi­schen Möbeldesign liegen, überlegt der Polizist am Morgen; auf jenem Sessel jedenfalls, der am Buchcover abgebildet ist, wäre die durchplauderte Nacht kaum schmerzfrei zu überstehen gewesen. Allerdings, in Palmenland ist manches anders, und darum kann man hier auch manchem schönen, beinahe vergessenen Dialektwort begegnen wie kutzen oder keppeln. Eine Lesereise durch Wilhelm Pevnys »Palmenland« ist jedenfalls durchaus lohnend, mit ein wenig Geduld muss man sich, wie bei jeder Reise, allerdings wappnen.

Evelyne Polt-Heinzl

Wilhelm Pevny: Palmenland. Roman. Wieser 2008, 676 Seiten.

aus

Literatur und Kritik Juli 2008/425-426