Bildband

EUR 33,00 / sfr 53,90

Der Urbanologe, Stadtforscher und Stadtwanderer, Architekt, Bildhauer, Ornamentiker und Kalligraf, der Grafiker und »Kritzler«, der Mythologe, Etymologe, Geschichtenerzahler und Schriftsteller von hohen Graden, ja der Ex-Jakobiner, Ex-Trotzkist, immerwahrende Gnostiker und Deist, der Politiker auf Zeit, aber ein enorm politischer Mensch auf Lebenszeit, der surrealistische Wiederholungstater, kokette Querdenker und Philosoph und nicht zuletzt der grosse Lehrer ohne Lehre, der seine Begabungen auch als Rolle spielt. Das Phänomen Bogdan Bogdanovic ist unteilbar und vermutlich einem analytischen Denken in jeder Form unzuganglich.« (Friedrich Achleitner)

Denkmaler und Gedenkstätten:

Bogdan Bogdanovic, 1922 in Belgrad geboren, war nicht nur der führende und herausragendste Denkmalarchitekt des ehemaligen Vielvolkerstaates Jugoslawien, sondern auch ein unkonventioneller Urbanologe, Essayist, Schriftsteller, Philosoph und noch vieles mehr. Auch eine politische Karriere kann Bogdanovic aufweisen: Von 1982 bis 1986 war er Bürgermeister von Belgrad. Das Zitat von Friedrich Achleitner gibt Aufschluss darüber, wie vielseitig sich Bogdanovics Talente präsentieren. Zwischen 1951 und 1981 realisierte Bogdan Bogdanovic in vielen Teilen des ehemaligen Jugoslawien 19 Gedenkstätten als Zeichen gegen Krieg und Vernichtung. Bogdanovic entschied sich für eine kulturübergreifende Architektursprache, frei von ideologischen Insignien. Für jeden dieser Orte entwickelte der unermüdliche Zeichner neue Formen – immer im Dialog mit den lokalen Gegebenheiten. Keine der 19 Gedenkstätten gleicht einer anderen, jede für sich ist einzigartig. In seinem Selbstverständnis als »Baumeister« war es ihm überaus wichtig, im Austausch mit den Steinmetzen die unterschiedlichen Denkmäler in einer Art »work in progress« zu erarbeiten. Sein poetischer und dennoch pathosloser Umgang mit Stätten der Zerstörung fand vor allem in der berühmten Blume von Jasenovac, die an der Stelle eines ehemaligen Konzentrationslagers steht, seinen Höhepunkt. Die Partisanennekropole in Mostar/Bosnien-Herzegowina sowie der Gedenkfriedhof für die Opfer des Faschismus in Sremska Mitrovica/Serbien zählen zu den wichtigsten dieser Gedenkstätten. »Der schlanke steinerne Schatten, die Replik des himmlischen Regenbogens, Meisterwerk des Baumeisters Hajrudin, eine der schönsten und edelsten architektonischen Allegorien, ist dahingegangen auf den Grund des Flusses. Der Stadt, geboren im Zeichen der Brücke, entrissen wurde ihr erstes und letztes Wort, und ihr Tod ist, so fürchte ich, unwiderruflich.«

 

Bogdan Bogdanovic, 1922 in Belgrad geboren, arbeitete als Architekt, Stadttheoretiker und Essayist. Von 1982 bis 1987 war er Bürgermeister von Belgrad. Nach dem Ausbruch der Jugoslawienkriege Anfang der 1990er Jahre ging er ins Exil nach Wien, wo er noch heute lebt.

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Auszeichnung die schönsten bücher österreichs

Denkmäler wie Romane
Wenn Bogdanovics Architektur die alten und immer wieder aktualisierbaren menschlichen Erzählungen ins Recht gesetzt hat, dann passt das zum tief literarischen Kern des Werks. Seine Denkmäler seien wie Romane, sagt Bogdan Bogdanovic, der sein Leben wie ein grosser Romancier erzählt hat. «Der verdammte Baumeister» heisst die in schwebender Prosa geschriebene Autobiografie, die im Buch «Die grüne Schachtel» ein surreales Seitenstück hat. In einem Waschmittelkarton wurden Bogdanovics Träume und Notate aus dem Epizentrum des serbischen Nationalismus hinausgeschmuggelt.
1987 hat der Architekt dem «unter unverbesserlicher Idiotie leidenden serbischen Nationalisten» Slobodan Milosevic einen Brief geschrieben. Was ursprünglich ein paar Zeilen werden sollten, hat sich auf über sechzig Seiten ausgewachsen. Die Reaktion folgte prompt. Bogdanovic wurde in Belgrad zur Persona non grata, alte Frauen haben ihn auf der Strasse beschimpft, und er fand die Parole «Verräter» auf seinem Haus. In seiner Autobiografie hat Bogdan Bogdanovic die tatsächlichen Gefahren und die damaligen Phantasmagorien der Angst beschrieben. Wenn der Geheimdienst versucht hat, in seine Wohnung einzudringen, dann ist ihm Slobodan Milosevic auch im Traum begegnet. Als brutaler Handwerker, der ihm die Wände braun tapezieren wollte.
Minimalistische Ausstellung in Wien
Aus seiner Heimat, der damaligen «Dunkelkammer Europas», ist Bogdanovic 1993 geflohen. Auf Einladung des Freundes und Schriftstellers Milo Dor kam er nach Wien. Erst acht Jahre später ist er erstmals wieder nach Belgrad gereist. Noch heute befinden sich seine Bibliothek und das grosse Archiv seiner Schriften in der ehemaligen Wohnung. Seine Tausende Zeichnungen hat Bogdanovic 2005 dem Wiener Architekturzentrum übergeben, das jetzt in einer ebenso minimalistischen wie kongenialen Ausstellung seine Arbeit würdigt. Mit den Skizzen zu seinen Arbeiten wird auch Bogdanovics Gedankengebäude sichtbar. Die Zeichnungen wirken, als liefen alte mythologische Linien durch ihre Kalligrafien, als würden sich die farbigen Striche allmählich mit Gegenwart aufladen. Was von den Skizzen zu Architektur wurde, hat auch dort seine grafische Seite behalten. Im serbischen Cacak hat Bogdanovic ein Kriegermausoleum errichtet, auf dessen Pylonen ein in Stein gehauenes Bestiarium aus 620 Monstern zu sehen ist.