Roman

171 Seiten, englische Broschur

EUR 14,80 / sfr 25,80

Entlang dem spannenden Erzählfaden entwickelt sich in ungewöhnlicher Sprache ein Essay über den wirtschaftlichen Hintergrund, die daraus erwachsenden Krisen und die — beinahe verlorenen — Utopien von Europa. Eine Lösung eröffnet sich, wenn Europa, wie schon zuvor, aus der Kulturvielfalt heraus die Zündung einer neuen Stufe von Zivilisation gelingt.

Aus dem Buch
Die Wirtschaftswelt, immer mehr auf Konzentration und Rationalisierung angelegt, entläßt in großen Zahlen die Menschen aus ihrem Wertschöpfungslauf. Mit der Krise des Arbeitsmarktes schwinden auch die materiellen Grundlagen der Kultur: Bildung, Kunst und Gesundheit verfallen dem Würgegriff der Einsparung. Der europäische Mensch, so um seine Utopie gebracht, versinkt in die Starre der Gleichgültigkeit … Nur noch die Intellektuellen im Kaffeehaus diskutieren die verlorenen und heraufziehenden Visionen von Europa — das keine klaren Grenzen hat und sich als gemeinsamer Ort vieler Kulturen nur auf nachlässige Toleranz und die Verwandlung von Problemen in ungewisse Prozesse verläßt. Doch Europa wird überleben, wenn es seine Führungsrolle als Utopienspender für die menschliche Zivilisation zurückgewinnt.Das Buch – vor drei Jahren geschrieben – hat in unheimlich anmutender Genauigkeit die heutigen Krisen vorhergesehen: In ungewöhnlicher Sprache ziehen die Ursachen der Krisen vor den Lesenden vorbei und geben am Ende den Blick auf eine Lösung frei. Das Essay wird unterhaltsam begleitet von der Erzählung der jungen Lea — Emigrantenkind aus Brooklyn — die mit der Unvoreingenommenheit einer anderen Generation von einem fernen Kontinent die aufschließenden Fragen stellt — und in eine spannende Jagd nach der geheimen Akte Europa verwickelt wird.

Ditha Brickwell, geboren 1941 in Wien, dort aufgewachsen; nach Studien der Architektur und Regionalplanung in Wien, Berlin und New York lebte und arbeitete Ditha Brickwell in Paris, Israel, Helsinki — und die längste Zeit in Berlin und Brüssel. Dort war sie in der Wirtschaftsentwicklung für Regionen tätig, als Expertin unmittelbar für die EU-Kommission ebenso wie im Auftrag des Berliner Senats. Derzeit pendelt sie als freie Schriftstellerin zwischen Berlin und Wien. Ditha Brickwell schreibt Romane, Erzählungen und Essays. Buchveröffentlichungen: Angstsommer (Roman), Vollendete Sicherheit (Essay-Erzählung), Der Kinderdieb (Roman), 7 Leben, (biographische Erzählungen), Verletzte Paradiese (Novelle). Zahlreiche Essays und Erzählungen sind in verschiedenen Literatur- und Kulturzeitschriften veröffentlicht, Lesungen auf CD und im Internet zu hören.

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Buch der Woche

Aus: economy Unabhängiges Themenmagazin für Wirtschaft und Bildung 27.3.2009 N°71 / 4. Jahrgang

Ditha Brickwell schreibt Romane. Bis vor Kurzem war sie auch Bankerin in Berlin, aber von jener Sorte, die Geld für Stadtentwicklungsprojekte auftreibt. Da hatte sie viel mit Brüssel zu tun. All das trägt dazu bei, dass sich Brickwells Europa-Essay von anderen politisch- ökonomisch-philo- sophischen Abhand­lungen unterscheidet. Brickwell beschreibt die Hoffnungen und Abstrusitäten, die mit der Europäischen Union verbunden sind, voller Poesie. Eine Kostprobe: „Ich sehe sie, ein Heer von Schwankenden, die Ich-Existenzen und Gelegenheitswirker und die jungen, noch nicht Hineingekommenen, dazu die aus den Randregionen Europas Entlassenen – die Westdriftenden, ja, und die Weltdriftenden, herein- gespült aus den ausgebeuteten, ausgehungerten Ländern anderswo.“

Das Buch entstand lange vor den aktuellen Krisenerscheinungen und erhielt 2007 einen Anerkennungspreis des Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch. Und dennoch wirkt der Essay aktuell. Das ist der Trumpf und die Schwäche des Buches zugleich. Bei einem Satz wie „Die virtuellen Geldkreisläufe sind die Tornado-Rüssel der Konzentrationswirtschaft, die mit wachsender Kraft unsere Lebensmittel zerstören“ kann man sich alles vorstellen oder gar nichts. Auch die Utopie der Autorin klingt ein wenig luftig: Eine wirtschaftsgegründete Menschengesellschaft wünscht sie. Das ist wie alter Wein in neuen Wörtern. In sehr poetischen Wörtern, mit einem märchenhaften Ende. me Ditha Brickwell: Die Akte Europa. Eine Utopie geht verloren. Wieser, 2007, 14,80 Euro ISBN: 978-3-85129-688-4

 

Vernetzte Anarchie

Ditha Brickwells Essay zur Zukunft Europas

Mechthild Rausch

Armes Deutschland“, sagt man, wenn in unserem Staat etwas danebengeht. „Armes Europa“, sagt niemand, obwohl in unserer politischen Dachorganisation manches danebengeht. Zu Europa haben wir kein emotionales Verhältnis, noch weniger zur Gemeinschaft der europäischen Staaten. Das sollte uns peinlich sein. Ist es aber nicht, nicht als größter Nettozahler und niemals wankender Befürworter der EU.

Wer Jahrzehnte für die EU tätig war, sieht das anders. Ditha Brickwell, 1941 in Wien geboren und Expertin für Stadtentwicklung, verstand ihre Arbeit auch als praktische Mitwirkung an einer politischen Utopie. Die Architektin hoffte, durch ihr Brüsseler Engagement die Lebensverhältnisse in Europa voranzubringen. Heute lebt sie als Autorin in Berlin und schreibt verständlich und unterhaltsam über Europas Zukunft.

Brickwell sieht mit Sorge, dass die EU die wirtschaftliche Konzentration fördert und damit den Prozess der Rationalisierung und Arbeitsplatzvernichtung, begleitet von Sozialabbau und Kürzung der Kultursubventionen. Darüber hat sie einen Essay mit fiktionalen Elementen geschrieben. Kritik und Lösungsvorschläge werden in drei Kapiteln, an verschiedenen Orten und von verschiedenen Personen in Gesprächsrunden erörtert. Kapitel eins betreibt eine Bestandsaufnahme der „europäischen Not“, die eine weltweite ist – Angst vor Arbeitslosigkeit, Angst vor Verarmung, das Gefühl der Aussichtslosigkeit. Kapitel zwei spielt

in Rumänien, das gerade die Segnungen der EU empfängt und den Preis kennenlernt, der dafür zu entrichten ist. Kapitel drei widmet sich Lösungen. Für Brickwell liegt diese in einer „allseits entwickelten Menschengesellschaft“. In ihr genießen Kultur, Soziales und Gesundheit absolute Priorität. Der „Reichtum der Wachstumswirtschaft“ dürfe nicht in den „virtuellen Kreisläufen“ des Kapitals verschwinden, sondern müsse „auf die Menschen umgelenkt“ werden. Radikalen Wandel erhofft sich Brickwell vor allem von der „vernetzten Anarchie“ der Internetnutzer und von der Teilung der Macht zwischen Mann und Frau.

Zum Schluss bringt sie einen Deus ex Machina ins Spiel, die „geheime Akte Europa“, verfasst von einem jüdischen Emigranten aus New York mit ultimativen Lösungen für die Neugestaltung der alten Welt. Unglücklicherweise verschwindet die Akte, bevor die Erzählerin sie in die Hand bekommt. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als selbst ans Werk zu gehen. Mechthild Rausch

Ditha Brickwell: Die Akte Europa. Eine Utopie geht verloren. Wieser Verlag, Klagenfurt 2008. 171 Seiten, 14,80 €.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 12.10.2008)

 

 … und noch einText von Ditha Brickwell:

Kärntner Kirtagsessen

Das Kärntner Kirtagsessen, der armen Leute Kost, ist eine wahre Köstlichkeit – wenn die aufkochen zum großen Fest. Verwendet wird, was da ist und was in den Mund springt, oder was sorgfältig konserviert wurde und in seiner Knappheit für besondere Tage bereit steht. Gewürzt wird mit dem, was vor dem Haus wächst und dem Besonderen, das man sparsam dazukauft. So stehen als Zutaten bereit: Zwetschken in Fülle und Küchenkraut, Mehl und Eier üppig; Zimt und Zibeben, Piment und Pfeffer, zierlich gehäufelt nach Geschmack. Wie wird aus den alltäglichen Zwetschken und den kostbaren Zibeben ein Festessen? Zwei Geheimnisse hat die Hausfrau: geschickte Verlängerungen und unerwartete Kombinationen. Indem der Fleischdunst beim Schmoren die Semmelfülle tränkt, wird sie zum Sondergenuß und dem Braten ebenbürtig. Indem Süßes und Saueres aufeinander kommen – Käferbohnen und Zwetschkenröster, zimtduftiger Reindling und saure Suppe – entstehen Gedichte und Nachrichten, die von der Zunge in den Kopf kommen und dort bis in alle Zukunft weiter wirken

Ditha Brickwell

18.12.2008