Band III der mehrbändigen Werkausgabe

Herausgegeben von Fred Dickermann.

Originalausgabe 2001.

246 Seiten, Fadenheftung, gebunden, Schutzumschlag, Lesebändchen

EUR 21,00 / sfr 37,90

Die Grenzen zwischen Realität und Irrealität liegen irgendwo im Nebel.

ZUM BUCH

In »Also lieber Freund«, entstanden in den Jahren 61-64, schreibt sich Bischoffshausen, in Form eines Briefromans an einen imaginierten Freund aus gemeinsamen Tagen im Gefangengenlager, aus dem tristen Alltag seiner künstlerischen »Randexistenz« in Paris. Zwischen den Schilderungen des Bemühens um Existenzsicherung durch Restaurierungsarbeiten, der von Zuneigung und Liebe bestimmten Sorge um Frau und Töchter, und zwischen den Exzessen der um und mit ihm lebenden gesellschaftlichen Außenseiter reflektiert Hans Bischoffshausen über Kunst und Literatur und den Wunsch, ein Buch zu schreiben: »Es dürfte nicht so schwer sein, denn die Dichtung ist eine Lüge. Der Roman ist explodiert. Zerrissen wie ein alter Schuh.« Mit Zynimus, lapidar und sarkastisch, beschreibt er die Heucheleien der katholischen Kirche, die atomare Rüstungspolitik jener Zeit und liefert neuerlich »ein beeindruckendes Dokument einer authentischen Existenz« in dem »die Grenzen zwischen Realität und Irrealität irgendwo im Nebel liegen.«

Hans Bischoffshausen (1927–1987), in Feld am See geboren, studierte Architektur in Graz und übersiedelte 1959 für zwölf Jahre nach Paris. Ab 1964 gab er die Zeitschrift Bischoffshausen und die Kultur heraus, der er in der letzten Nummer 1969 eine »Absage« erteilte. 1971 kehrte er nach Wien, 1972 schließlich nach Villach zurück. Als bildender Künstler formulierte Bischoffshausen in der Gruppe Zero-Avantgarde ein Jahrzehnt lang eine Extremposition künstlerischen Agierens, Produzierens und Hinterfragens. In seinen Struktur-Reliefs tastete er sich an die Grenzen des Sichtbaren heran, mit seinen Strukturforschungen sah er sich als Gestalter und Berater der Gesellschaft.

LESEPROBE

Viellicht lebst Du gar nicht mehr. Es ist egal. Ich schreibe Dir trotzdem. Ich kann mir vorstellen, daß Du in Amerika bist, denn die Leute sagen, Amerika – das freieste Land der Welt. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Für welche Möglichkeiten?, muß ich mich fragen, aber die werden das schon selbst wissen. Wenn du Ingenieur bist, kannst Du natürlich ebensogut im Kongo oder in Canada sein. Warum auch nicht? Angenommen, Du lebst in Griechenland. Was soll ich mir darunter vorstellen? Hast du Familie? Ich meine Frau und Kinder? Es hängt viel davon ab, ob man Frau und Kinder hat. Wenn ich von jemandem weiß, daß er Frau und Kinder hat, so kann ich mir schon eine gewisse Vorstellung machen, wenigstens die, daß Du zum Beispiel kein Junggesellenleben führst und das heißt schon, daß ich ungefähr weiß, welche Gedanken und Sorgen Du im großen und ganzen hast.

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Neben seinem umfangreichen bildnerischen hat Bischoffshausen ein gar nicht so schmales literarisches Werk hinterlassen, und wie jenes ist auch dieses unverwechselbar, ein Sturmlauf gegen die Konventionen, in denen es sich die vermeintliche Avantgarde gerade gemütlich machte. Gegen seinen expressiven Bericht nehmen sich Henry Millers Reminiszenzen an die Pariser Bohème wie idyllische Genrebilder aus. … Mit den Pariser Aufzeichnungen Cresyl – die Sonne der Armen ist mehr als nur ein schreibender Maler, ist eine häretische Stimme der österreichischen Literatur zu entdecken. Karl Markus Gauß, Neue Zürcher Zeitung

Ein beeindruckendes Dokument einer authentischen Existenz. Inge Sperl, Der Standard